«Neulenker werden immer älter»
Thomas Lanfermann ist seit 2008 Leiter Versicherungstechnik/Produkte im Bereich Sachversicherungen Privatkunden bei Allianz Suisse.
Herr Lanfermann, machen Jugendliche mit 18 heute genauso schnell die Autoprüfung wie früher oder beginnt sich diese Quote zu verändern?
Thomas Lanfermann*: Wir beobachten, dass die Neulenker immer älter werden und dass damit die Quote sinkt. In der Stadt passiert das allerdings akzentuierter als auf dem Land. Das Auto nimmt in dieser Altersgruppe eindeutig an Bedeutung ab. Es wird vom Status- zum Gebrauchsgegenstand. Das sehen wir nicht zuletzt auch daran, dass die Autos entsprechend weniger gepflegt, bzw. gewartet werden.
Was ist das grösste Problem bei jungen Autolenkern?
Die fehlende Fahrerfahrung, das zeigt sich besonders in kritischen Situationen. Auch ich hatte meinen ersten Unfall auf Glatteis… Jugendliche Lenker haben – oftmals auch im Übermut – Mühe, Reaktionsfähigkeit und Geschwindigkeit realistisch einzuschätzen.
Was ist bei den Jungen die häufigste Unfallursache?
Leider führen wir darüber keine Statistik, aber ich würde mal schätzen, dass überhöhte bzw. unangemessene Geschwindigkeit eine wichtige Ursache ist.
Hat Ihre Firma auch errechnet, wie hoch die durchschnittlichen Kosten eines Unfalls sind?
Eine konkrete Zahl kann ich Ihnen nicht nennen, weil wir als Versicherung nicht Unfälle als solche registrieren, sondern Schäden. Und bei denen liegt die Höhe bei 18-Jährigen praktisch doppelt so hoch wie bei 40-Jährigen. Unfälle, bei denen jugendliche Neulenker involviert sind, sind in der Regel heftiger, oftmals auch mit Personen- und Totalschäden. Zurückzuführen oftmals auch auf rasen.
Was hat als Massnahme am meisten zum Rückgang der Autounfälle junger Automobilisten beigetragen?
Ganz klar auch die zunehmende Sicherheitstechnik in den Fahrzeugen.
Junge fahren, auch weil das Budget eher klein ist, häufig ältere Fahrzeuge. Wo liegt dabei die grösste Gefahr?
In der Verkehrssicherheit. Günstige, weil oftmals ältere Fahrzeuge, haben häufig insbesondere weder ABS noch ESP. Die Gefahr lauert im Umstand, dass die Jugendlichen in der Fahrschule und beim Fahrtraining mit den Eltern in modernen Autos unterwegs sind, später dann aber mit ihrem eigenen, älteren Fahrzeug, das dann in bestimmten Situationen natürlich ganz anders reagiert.
Eine offenbar wirksame Präventionsmassnahme gegen Unfälle ist auch der von Ihnen angebotene Crash Recorder. Wie ist da die Nachfrage?
Sehr positiv. Wenn Sie wissen, dass ein Crash Recorder Ihre Fahrt aufzeichnet fahren Sie automatisch vorsichtiger. Und wer vorsichtiger fährt, läuft weniger Gefahr, einen Schaden bzw. Unfall zu verursachen. Insofern hat ein Crash Recorder tatsächlich eine präventive Wirkung. Ausserdem fällt das Schadensbild bei Unfällen von Autos, in die ein Crash Recorder eingebaut sind, deutlich geringer aus als ohne. Das ist sowohl für die Versicherung als auch für den Lenker gut: beide sparen Geld, der Lenker, weil mit Crash Recorder die Prämie reduziert wird.
Welches Vorgehen empfehlen Sie Eltern, die ihrem 18-Jährigen Jugendlichen beim Kauf eines Autos behilflich sein wollen?
Dass sie ein Fahrzeug aussuchen, das ein Mindestmass an Sicherheit bietet, also mindestens ABS und ESP. Und dass sie den Jugendlichen nicht helfen, fahrende Waffen zu kaufen, dass also Fahrzeuggewicht und Grad der Motorisierung in einem gesunden Verhältnis stehen. Last but not least sollen sie sich Zeit nehmen, um ihn mit ausreichend Fahrpraxis zu unterstützen. Fahrpraxis ist wirklich das A&O.
Für Garagisten und Händler ist die Studie der Allianz ein nützliches, zusätzliches Verkaufsargument. Weisen Sie Eltern, die Jugendliche beim Autokauf begleiten, auf die Studie hin. Argumentieren Sie mit dem Hinweis, dass modernere, bzw. neuere Fahrzeuge zwar teurer aber dafür sicherer sind. Gehen Sie auch auf den Umstand ein, dass der oder die Jugendliche nebst einem sicheren Auto auch ausreichend Fahrpraxis braucht und geben Sie den Eltern den Tipp, möglichst oft mit ihr oder ihm zu fahren – selbst dann, wenn sie oder er die Prüfung schon bestanden hat.