Der Strassenverkehr übernimmt die Hauptlast

Finanzierung Strasseninfrastruktur

Der Strassenverkehr übernimmt die Hauptlast

27. März 2023 agvs-upsa.ch – Auf die Schweiz rollt eine Welle an Kosten für die Erneuerung der Strasseninfrastruktur zu. Jürg Röthlisberger, Direktor des Bundesamts für Strassen Astra, nannte es am «Tag der Schweizer Garagisten» 2023 «the next big thing». Dabei geht es auch um Kostenwahrheit und damit um Kostentransparenz. Hier spielt der motorisierte Individualverkehr eine zentrale Rolle.

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Der Bundesrat hat dem Astra den Auftrag erteilt, ein Gesetz für eine Mineralölsteuer-Ersatzabgabe auszuarbeiten. Foto: iStock

Kro. Der Unterhalt der Nationalstrassen-Infrastrukturen benötigt rund 1,2 Prozent der investierten Mittel für den jährlichen Unterhalt. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) rechnet mit 1,5 Prozent. Zum Vergleich: Die Schieneninfrastruktur verlangt für deren Instandhaltung und Erneuerung jährlich rund drei bis vier Prozent der investierten Summe. Dieser enorme Unterschied zwischen Schiene und Strasse lässt sich gemäss Jürg Röthlisberger durch die sehr viel höheren gefahrenen Geschwindigkeiten und Gewichte und der damit verbundenen, wesentlich anspruchsvolleren Toleranzen erklären.

Daneben hat die Schweiz aktuell als Folge des gesellschaftlich gewollten Ausstieges aus den fossilen Treib- und Brennstoffen eine konkrete Aufgabe der etwas anderen Art zu lösen: Die Mineralölsteuern auf Treibstoffen sind heute auf Bundesebene die wichtigste Einnahmequelle für die Finanzierung der Strasseninfrastrukturen. 2021 flossen rund 2 Milliarden Franken in den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) und 1,3 Milliarden in die Spezialfinanzierung Strassenverkehr (SFSV). Mit der zunehmenden Elektromobilität verliert der Bund langfristig einen Grossteil der Mineralölsteuereinnahmen. «Es braucht dafür einen Ersatz», sagt Jürg Röthlisberger.

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Die Kostenwahrheit ist dem Astra-Chef Jürg Röthlisberger ein Anliegen. Das betonte er auch am «Tag des Schweizer Garagisten» 2023. Foto: AGVS-Medien

Der Bundesrat hat dem Astra deshalb den Auftrag erteilt, ein Gesetz für eine Mineralölsteuer-Ersatzabgabe auszuarbeiten. Diese Ersatzabgabe soll bei allen Fahrzeugen zur Anwendung kommen, die Treibstoffe beziehungsweise Energieträger verwenden, die nicht den Mineralölsteuern unterliegen. Hauptsächlich sind dies Elektrofahrzeuge. Eine Mineralölsteuer auf Treibstoffen wird nicht nur in der Schweiz erhoben, sondern in den meisten europäischen Ländern. Wenn also diese Länder langfristig nicht auf die Einnahmen verzichten wollen, müssen sie ebenfalls die Besteuerung umstellen. Langfristig soll ja die ganze Fahrzeugflotte wegen den Klimazielen auf erneuerbare Antriebsenergien umgestellt werden. «Damit werden wir langfristig nur mehr dekarbonisierte und mehrheitlich wohl Elektrofahrzeuge auf den Strassen und damit auch die Besteuerung komplett umgestellt haben», blickt Jürg Röthlisberger in die Zukunft. 

Die Ausgaben für die Nationalstrassen beliefen sich 2021 auf insgesamt 2,5 Mrd. Franken und teilen sich wie folgt auf: Betrieb 425 Mio., Ausbau und Unterhalt 1,6 Mrd., Fertigstellung Nationalstrassennetz 163 Mio. sowie grössere Vorhaben, Kapazitätserweiterung und Engpassbeseitigung in der Höhe von 306 Mio. Hinzu kommen die Strassenausgaben der Kantone und Gemeinden. Hier liegen die Zahlen aus dem Jahr 2019 vor. Die Ausgaben für die Kantonsstrassen lagen bei 2,9 Mrd und jene für die Gemeindestrassen bei 3,2 Mrd. In Summe gab dies im Jahr 2019 mit den Nationalstrassen Ausgaben von über 8,5 Mrd. Franken. 

Betreffend zukünftigem Finanzbedarf kann sich Jürg Röthlisberger nur zu den Nationalstrassen äussern. Im Januar 2022 hat der Bundesrat den Zahlungsrahmen für Betrieb, Unterhalt und Anpassungen auf den bestehenden Nationalstrassen für die nächste Periode (2024–2027) festgelegt. Dieser umfasst rund 8,8 Mrd. Franken. Sollte das Parlament diesen Zahlungsrahmen genehmigen, wäre dieser leicht höher als jener für die Jahre 2020–2023, welcher 8,2 Mrd. umfasste. Zusätzlich zu den Ausgaben gemäss diesem Zahlungsrahmen fallen in den kommenden Jahren Ausgaben für Projekte im Rahmen des STEP Nationalstrassen, der Netzfertigstellung sowie dem Bau der zweiten Gotthardröhre an.

Im Zusammenhang mit der künftigen Finanzierung der Mobilität fällt immer wieder der Begriff Kostenwahrheit. Was versteht das Astra unter diesem Begriff? «Dem Astra ist insbesondere die Kostentransparenz ein Anliegen», bekräftigt Jürg Röthlisberger. Das heisst zuerst, dass alle im Verkehr entstehenden Kosten erfasst werden. Dazu gehören die Kosten für die Verkehrsinfrastruktur, die Verkehrsmittel sowie die vom Verkehr verursachen Unfall-, Umwelt- und Gesundheitskosten. «Dann stellt sich die Frage, wer diese Kosten effektiv trägt beziehungsweise in welchem Umfang die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer die Kosten tragen.» 

Der motorisierte Strassenverkehr verursachte 2018 Gesamtkosten in Höhe von 76,2 Mrd. Der Grossteil der Kosten des motorisierten Strassenverkehrs, nämlich 86 Prozent, wurde von den Verkehrsnutzenden selbst übernommen. Dennoch mussten 9,1 Mrd an Unfall-, Umwelt- und Gesundheitskosten von der Allgemeinheit getragen werden. Der Schienenverkehr verursachte 2018 Gesamtkosten von 11,7 Mrd Franken. Die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer übernahmen dabei 47 Prozent der Kosten. 

Eine wichtige Rolle bei der Finanzierung des Schienenverkehrs spielt die öffentliche Hand: Bund, Kantone und Gemeinden übernahmen rund 5,1 Mrd. der Gesamtkosten, das sind 44 Prozent. Für den Rest kam die Allgemeinheit auf. Bei den Frankenbeträgen muss man natürlich berücksichtigen, dass der Strassenverkehr die Hauptlast der Verkehrsleistung übernimmt. Rund drei Viertel der zurückgelegten Personenkilometer werden auf der Strasse erbracht. Dabei gilt es zu beachten, dass im Personenverkehr gut 80 Prozent durch den Individualverkehr und knapp 20 Prozent durch den Öffentlichen Verkehr geleistet wird. Die Messgrösse dabei sind die geleisteten Personenkilometer. 84 Prozent des Personenverkehrs spielt sich auf den Strassen ab, 16 Prozent auf den Schienen und den Seilbahnen. 
 
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