Reparaturen
Wer rechnet, repariert
21. Dezember 2023 agvs-upsa.ch – Reparieren vor ersetzen ist nicht nur aus ökologischen Gründen im Trend. Volker Wistorf und Pius Limacher von André Koch erklären, weshalb das Prinzip eine Win-Win-Win-Situation ist und sich für Carrosseriebetriebe betriebswirtschaftlich lohnt. Sascha Rhyner
Reparieren lohnt sich: Für den Betrieb und für die Umwelt. Foto: André Koch
Eine kleinere Autowerkstatt, das Sonnenlicht fällt durch die offenen Tore des Carrosseriebetriebs. Ein Carrossier beugt sich gerade über die offene Motorhaube, als die Eingangsglocke klingelt. Ein Kunde mittleren Alters betritt etwas schüchtern die Werkstatt und schaut etwas unsicher. Der Carrossier geht auf ihn zu und fragt, ob er ihm helfen könne. Der Kunde zeigt auf die leicht lädierte Stossstange seines Mittelklassewagens und fragt ein wenig sorgenvoll: «Ich habe mit dem Auto meiner Frau einen kleinen Unfall gehabt. Kriegen Sie das wieder hin?»
Für den Carrossier ist das kein Problem. Der Schaden ist nicht allzu gross und als Mitglied des Repanet-Suisse-Netzwerks weiss er auch, dass sich bei solchen Schäden eine Reparatur auf jeden Fall lohnt. «Eine neue Stossstange kostet vielleicht 700 Franken», rechnet Pius Limacher, Verkaufsleiter Deutschschweiz bei André Koch, vor. «Darauf hat der Händler eine Marge von rund zehn Prozent. Eine Kunststoffreparatur kostet rund 400 Franken und der grosse Teil davon ist verrechenbare Arbeitszeit – also Einnahmen für den Betrieb.»
Der Trend zur vermehrten Reparatur passt in die heutige Zeit. Ökologisches Denken und Handeln wird auch in den Werkstätten immer wichtiger. Der Verband Carrosserie Suisse hat deshalb das Label Green Car Repair lanciert; die ersten Betriebe werden noch im laufenden Jahr zertifiziert. André Koch begrüsst die Initiative und unterstützt sie innerhalb des Netzwerks Repanet Suisse; wer bei Repanet Suisse dabei sein will, muss auch bei Green Car Repair dabei sein. «Das Audit für die Aufnahme bei Repanet und für Green Car Repair läuft im gleichen Prozess», erklärt Volker Wistorf, Leiter Anwendungstechnik bei André Koch und Mitglied der Geschäftsleitung.
Lieferengpässe beschleunigten Umdenkprozess
Dass zuweilen lieber ersetzt statt repariert wurde, verortet Pius Limacher auch in der Wegwerfgesellschaft, die indes wegen des ökologischen Drucks zusehends verschwindet. «Ersetzen ist ein Stück weit auch Bequemlichkeit – ich bestelle das neue Teil; das geht ziemlich einfach und ist risikofrei», so Limacher. Die Lieferengpässe in den letzten Jahren haben den Umdenkprozess weiter beschleunigt – auch bei den Herstellern. «Man sieht einen deutlichen Unterschied, wenn man heute bei einem Grossbetrieb in eine Mulde schaut», sagt Limacher.
Eine Studie des Allianz Technik Zentrums (AZT) von Anfang des Jahres zeigt die Einsparungen deutlich auf. So beträgt die Reduktion des CO2-Ausstosses bei einem Seitenteil rund 60 Prozent, bei einer Stossstange und bei einer Türe immer noch über 40 Prozent. «Am grössten ist die Auswirkung bei modernen Scheinwerfern», sagt Pius Limacher. «Zum einen kostet ein neuer Scheinwerfer viel Geld, und zum anderen sind sie sehr komplex gebaut.» Gemäss der Studie des AZT reduziert sich der CO2-Ausstoss bei einer Reparatur statt einem Ersatz um 98 Prozent. Und der Kunde dürfte rund 1000 Franken sparen, weil der Reparaturvorgang in der Endabrechnung günstiger ist.
Neue Materialien haben die Carrossier-Arbeit zwar verändert. «Sie ist schwieriger geworden», sagt Volker Wistorf, «aber es gibt auch besseres Werkzeug.» Pius Limacher ergänzt: «Für Kunststoff-Reparaturen gibt es inzwischen tolle Reparaturmöglichkeiten. Auch Scheiben lassen sich heute problemlos reparieren.» Natürlich, so die beiden Experten, gebe es gewisse Einschränkungen bei Reparaturen. «Sicherheitsrelevante oder strukturrelevante Teile dürfen nicht repariert werden», hält Wistorf fest. Diese werden von den Herstellern auch nicht freigegeben.
Besser für die Umwelt und besser für die Betriebswirtschaft – Volker Wistorf sieht noch einen weiteren positiven Aspekt: «Die Arbeit als Carrossier macht doch viel mehr Spass, wenn man nicht einfach nur Teile austauscht, sondern noch richtige Spenglerarbeiten ausführen kann, statt nur quasi ein Monteur zu sein – man kann den Beruf leben!»
Der Druck, mehr zu reparieren statt zu ersetzen, kommt auch von den Versicherungen. «Wir wissen, dass einige Versicherungen protokollieren, wie Betriebe Schäden beheben», erklärt Pius Limacher. Die Versicherer würden die Schadensteuerung entsprechend vornehmen: «Wer mehr repariert, erhält eventuell auch ein grösseres Arbeitsvolumen.» Limacher und Wistorf sind überzeugt, dass Versicherungen künftig noch mehr ein Auge darauf haben. Volker Wistorf sagt: «Es ist eine Win-Win-Win-Situation: Der Kunde profitiert von der günstigeren Reparatur, die Versicherung muss weniger Entschädigung zahlen und der Betrieb verdient mehr Geld. Und unsere Umwelt wird erst noch geschont.»
Für den Carrosseriebetrieb lohnt sich die Reparatur nicht nur wegen eines möglichen höheren Arbeitsvolumens durch die Schadensteuerung der Versicherungen. «Die Marge auf den Ersatzteilen ist heute teilweise so gering, dass ein Betrieb kaum etwas daran verdient», sagt Volker Wistorf. Hingegen könne bei einer Reparatur der volle Stundenansatz verrechnet werden: «Wer rechnet, repariert.» Und Pius Limacher erklärt: «Wir begrüssen es, wenn die Betriebe mehr Stunden verkaufen können. Wir bieten deshalb über den Repanet-Partner Clear Car Rep von ESA auch entsprechende Kurse an.» Die André Koch AG setzt auf ihr starkes Repanet-Suisse-Netzwerk. «Je mehr Wissen die Betriebe haben, desto stärker ist das Netzwerk und desto erfolgreicher sind sie betriebswirtschaftlich », ist Limacher überzeugt.
Weitere Infos unter: repanetsuisse.ch
Reparieren lohnt sich: Für den Betrieb und für die Umwelt. Foto: André Koch
Eine kleinere Autowerkstatt, das Sonnenlicht fällt durch die offenen Tore des Carrosseriebetriebs. Ein Carrossier beugt sich gerade über die offene Motorhaube, als die Eingangsglocke klingelt. Ein Kunde mittleren Alters betritt etwas schüchtern die Werkstatt und schaut etwas unsicher. Der Carrossier geht auf ihn zu und fragt, ob er ihm helfen könne. Der Kunde zeigt auf die leicht lädierte Stossstange seines Mittelklassewagens und fragt ein wenig sorgenvoll: «Ich habe mit dem Auto meiner Frau einen kleinen Unfall gehabt. Kriegen Sie das wieder hin?»
Für den Carrossier ist das kein Problem. Der Schaden ist nicht allzu gross und als Mitglied des Repanet-Suisse-Netzwerks weiss er auch, dass sich bei solchen Schäden eine Reparatur auf jeden Fall lohnt. «Eine neue Stossstange kostet vielleicht 700 Franken», rechnet Pius Limacher, Verkaufsleiter Deutschschweiz bei André Koch, vor. «Darauf hat der Händler eine Marge von rund zehn Prozent. Eine Kunststoffreparatur kostet rund 400 Franken und der grosse Teil davon ist verrechenbare Arbeitszeit – also Einnahmen für den Betrieb.»
Der Trend zur vermehrten Reparatur passt in die heutige Zeit. Ökologisches Denken und Handeln wird auch in den Werkstätten immer wichtiger. Der Verband Carrosserie Suisse hat deshalb das Label Green Car Repair lanciert; die ersten Betriebe werden noch im laufenden Jahr zertifiziert. André Koch begrüsst die Initiative und unterstützt sie innerhalb des Netzwerks Repanet Suisse; wer bei Repanet Suisse dabei sein will, muss auch bei Green Car Repair dabei sein. «Das Audit für die Aufnahme bei Repanet und für Green Car Repair läuft im gleichen Prozess», erklärt Volker Wistorf, Leiter Anwendungstechnik bei André Koch und Mitglied der Geschäftsleitung.
Lieferengpässe beschleunigten Umdenkprozess
Dass zuweilen lieber ersetzt statt repariert wurde, verortet Pius Limacher auch in der Wegwerfgesellschaft, die indes wegen des ökologischen Drucks zusehends verschwindet. «Ersetzen ist ein Stück weit auch Bequemlichkeit – ich bestelle das neue Teil; das geht ziemlich einfach und ist risikofrei», so Limacher. Die Lieferengpässe in den letzten Jahren haben den Umdenkprozess weiter beschleunigt – auch bei den Herstellern. «Man sieht einen deutlichen Unterschied, wenn man heute bei einem Grossbetrieb in eine Mulde schaut», sagt Limacher.
Eine Studie des Allianz Technik Zentrums (AZT) von Anfang des Jahres zeigt die Einsparungen deutlich auf. So beträgt die Reduktion des CO2-Ausstosses bei einem Seitenteil rund 60 Prozent, bei einer Stossstange und bei einer Türe immer noch über 40 Prozent. «Am grössten ist die Auswirkung bei modernen Scheinwerfern», sagt Pius Limacher. «Zum einen kostet ein neuer Scheinwerfer viel Geld, und zum anderen sind sie sehr komplex gebaut.» Gemäss der Studie des AZT reduziert sich der CO2-Ausstoss bei einer Reparatur statt einem Ersatz um 98 Prozent. Und der Kunde dürfte rund 1000 Franken sparen, weil der Reparaturvorgang in der Endabrechnung günstiger ist.
Neue Materialien haben die Carrossier-Arbeit zwar verändert. «Sie ist schwieriger geworden», sagt Volker Wistorf, «aber es gibt auch besseres Werkzeug.» Pius Limacher ergänzt: «Für Kunststoff-Reparaturen gibt es inzwischen tolle Reparaturmöglichkeiten. Auch Scheiben lassen sich heute problemlos reparieren.» Natürlich, so die beiden Experten, gebe es gewisse Einschränkungen bei Reparaturen. «Sicherheitsrelevante oder strukturrelevante Teile dürfen nicht repariert werden», hält Wistorf fest. Diese werden von den Herstellern auch nicht freigegeben.
Besser für die Umwelt und besser für die Betriebswirtschaft – Volker Wistorf sieht noch einen weiteren positiven Aspekt: «Die Arbeit als Carrossier macht doch viel mehr Spass, wenn man nicht einfach nur Teile austauscht, sondern noch richtige Spenglerarbeiten ausführen kann, statt nur quasi ein Monteur zu sein – man kann den Beruf leben!»
Der Druck, mehr zu reparieren statt zu ersetzen, kommt auch von den Versicherungen. «Wir wissen, dass einige Versicherungen protokollieren, wie Betriebe Schäden beheben», erklärt Pius Limacher. Die Versicherer würden die Schadensteuerung entsprechend vornehmen: «Wer mehr repariert, erhält eventuell auch ein grösseres Arbeitsvolumen.» Limacher und Wistorf sind überzeugt, dass Versicherungen künftig noch mehr ein Auge darauf haben. Volker Wistorf sagt: «Es ist eine Win-Win-Win-Situation: Der Kunde profitiert von der günstigeren Reparatur, die Versicherung muss weniger Entschädigung zahlen und der Betrieb verdient mehr Geld. Und unsere Umwelt wird erst noch geschont.»
Für den Carrosseriebetrieb lohnt sich die Reparatur nicht nur wegen eines möglichen höheren Arbeitsvolumens durch die Schadensteuerung der Versicherungen. «Die Marge auf den Ersatzteilen ist heute teilweise so gering, dass ein Betrieb kaum etwas daran verdient», sagt Volker Wistorf. Hingegen könne bei einer Reparatur der volle Stundenansatz verrechnet werden: «Wer rechnet, repariert.» Und Pius Limacher erklärt: «Wir begrüssen es, wenn die Betriebe mehr Stunden verkaufen können. Wir bieten deshalb über den Repanet-Partner Clear Car Rep von ESA auch entsprechende Kurse an.» Die André Koch AG setzt auf ihr starkes Repanet-Suisse-Netzwerk. «Je mehr Wissen die Betriebe haben, desto stärker ist das Netzwerk und desto erfolgreicher sind sie betriebswirtschaftlich », ist Limacher überzeugt.
Weitere Infos unter: repanetsuisse.ch
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