Neue Tarife: Autoscout24 sorgt bei Händlern für rote Köpfe

«Wir bezahlen 80 Prozent mehr!»

Neue Tarife: Autoscout24 sorgt bei Händlern für rote Köpfe

14. Juni 2024 agvs-upsa.ch – Vor kurzem hat Autoscout24 seine Preise für Fahrzeuginserate erhöht. Nicht zum ersten Mal in den letzten Monaten. Die Reaktionen fallen zum Teil harsch aus. Yves Schott

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Die Preispolitik von Autoscout24 sorgt bei vielen Händlern und Garagisten für Verärgerung (Symbolbild). Fotos: Pixabay

Boris Iseli ist enttäuscht. Und vor allem hässig. Dass Autoscout24 seine Tarife für Fahrzeuginserate per Anfang Juni ein weiteres Mal erhöht hat, kann und will der Garagist aus der Westschweiz nicht begreifen. «Wir zahlen mit der neuen Preisgestaltung deutlich mehr. Wenn wir die Pakete miteinander vergleichen, kommen wir auf einen Anstieg zwischen 70 und 80 Prozent seit dem 1. Januar 2020 im Vergleich zu jetzt», sagt der Finanzchef der Autocorner-Gruppe.
 
Mit «Pakete» meint Iseli die verschiedenen Abonnemente, die Autoscout24 anbietet. Es gibt eine Starter-, eine Basic-, eine Professional- und eine Professional-Plus-Version. Sie sind unterschiedlich teuer und unterscheiden sich gemäss Autoscout24 in Reichweite, Performance und Visibilität. Bucht eine Händlerin oder ein Händler beispielsweise das «Basic10»-Package, kann sie oder er entsprechend viele Anzeigen schalten.
 
«Autoscout24 geht es nur um eine hohe Marge»
Die Zahl wird mit dem sogenannten «Car Value Factor» multipliziert. Dieser hängt davon ab, wie viel die zu verkaufenden Fahrzeuge kosten. Bis 2999 Franken liegt der Faktor bei 0,8, bei 8000 Franken gilt ein Wert von 1,0, ab 50'000 Franken erhöht er sich auf 1,2. Wer exklusivere Autos anbietet, greift also tiefer in die Tasche als andere.
 
Eine Massnahme, die Charles-Albert Hediger, Inhaber der gleichnamigen Mercedes-Garage in Sion und Mitglied des AGVS-Zentralvorstands, sauer aufstösst. «Der Durchschnittspreis unserer inserierten Fahrzeuge betrug im April 84'392 Franken, deshalb wird uns ein Car Value Factor von 1,2 zugeteilt. Doch ob 20'000 oder 80'000 Franken – der Platz, den ein Fahrzeug auf dem Areal einnimmt, ist derselbe.» Hedigers Vermutung: «Autoscout24 geht es in Wirklichkeit einfach um eine hohe Marge.» Er will nun eine Auslegeordnung vornehmen und fasst ein Konkurrenzangebot ins Auge.

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Autoscout24 wehrt sich gegen die Vorwürfe: Die Preise für inserierte Fahrzeuge seien «marktgerecht», sagt ein Sprecher. 

Infrage kämen etwa Carmarket oder Autolina. Bloss ist Autoscout24 ohne Wenn und Aber der Platzhirsch, vergleichbar etwa mit Booking.com bei Ferienbuchungen. Sprich: Wer seine Anzeigen nicht beim Branchenprimus aufschaltet, riskiert, übersehen zu werden. «Die marktvorherrschende Position wird schamlos ausgenutzt», sagt denn auch Luca Jaquet, Inhaber der Steiggarage in Beringen SH und Präsident der AGVS-Sektion Schaffhausen. Ausserdem sei die Option, parallel zu Autoscout24 eine andere Inserateplattform zu nutzen, um so den Wechsel einfach zu gestalten, für Garagenbetreibende «nicht wirtschaftlich». Denn: «Je höher die Tarife bei Autoscout24, desto geringer die Chance, eine Alternative zu wählen. Dazu fehlt den Garagisten dann schlicht das Geld.»

«Fragwürdige» Preispolitik
Gibt es am Autoscout-Flaggschiff also wirklich kein Vorbeikommen? Theoretisch schon, meint Andri Zisler, Delegierter des AGVS-Zentralvorstandes und selbst langjähriger Garagist. «Eine Hebelwirkung wäre, wenn alle sich zusammentun und auf einen anderen Anbieter setzen würden. Solange die Dominanz von Autoscout24 jedoch so gross ist wie derzeit, wird das leider kaum jemand tun. Dennoch empfehle ich jedem Garagisten, einen Versuch ohne Autoscout24 zu starten und die Entwicklung genau zu verfolgen. Gleichzeitig laufen Gespräche zwischen dem AGVS und Autoscout24 bezüglich der Preisentwicklung. Wir werden künftig Autoscout24 auch nicht mehr die Exklusivität gewähren wie in der Vergangenheit.»
 
Zisler findet die Tarifpolitik von Autoscout24 ebenfalls «fragwürdig», namentlich die «Preisspirale, die ab 2020 zu drehen begonnen hat». Dass so viele Tariferhöhungen innerhalb von nur vier Jahren auf Unmut stossen, könne er nachvollziehen. «Trotzdem bezahle ich lieber einen höheren Betrag, dafür zeigt ein Inserat seine Wirkung – als weniger ohne Effekt.» Ausserdem würden Garagisten mit günstigeren Fahrzeugen ab sofort leicht weniger bezahlen als zuvor. Gleichwohl nütze die Plattform ihre marktbeherrschende Position entsprechend aus.
 
Was Autoscout24 zu den Vorwürfen sagt
Ein Fall für die Wettbewerbskommission (Weko) wurde die Swiss Marketplace Group (SMG), zu der Autoscout24 gehört, bisher noch nicht. Auf Anfrage der NZZ erklärt die Weko, man erhalte vereinzelt Meldungen zu den Preisen der SMG. «Wir führen aber kein Verfahren und planen derzeit nicht, ein solches zu eröffnen.» Diese Aussage stammt von Ende Januar 2024.
 
Autoscout24 selbst begründet die «Preisanpassungen», wie das Unternehmen die neuen Tarife nennt, mit «Investitionen in die Qualität und Erweiterung der Dienstleistungen». «Wir haben umfangreiche Verbesserungen vorgenommen, wie den Ausbau der Sicherheitsstandards, die Optimierung der Suchergebnisse und Inserate sowie die Einführung KI-gestützter E-Mail-Empfehlungen», erklärt SMG-Mediensprecher Artur Zazo. Zudem habe man die Reichweite der Plattform «erheblich» gesteigert. Tatsächlich erscheinen die Anzeigen seit der Fusion der Portale von Ringier und der TX Group vor zwei Jahren auch bei Tutti und Anibis. Einst waren die beiden Firmen Konkurrenten.
 
Weitere Tariferhöhungen auch in Zukunft möglich
Auf die Frage, ob die SMG ihre Marktposition ausnutze, antwortet der SMG-Mediensprecher ausweichend. Autoscout24 sei nur «eine von vielen Möglichkeiten, ein Auto zu bewerben». Die Preisgestaltung sei «markgerecht» und basiere auf «detaillierten Analysen und direktem Kundenfeedback». Gleichzeitig betont Zazo, dass die Basistarife des Starter-Pakets unverändert blieben. Da Autoscout24 allerdings ständig in die Weiterentwicklung und Verbesserung der Plattform investiere, könne dies auch in Zukunft zu Preisanpassungen führen. «Sofern diese Investitionen zu einer Steigerung der Plattformleistung führen.»
 
Man verstehe, führt Artur Zazo weiter aus, dass das neue Tarifmodell «für viele Kunden eine Umstellung bedeutet». Indes: Die meisten von ihnen haben sich wohl mittlerweile bereits an diesen Kniff gewöhnt. «Es ist schwierig, ohne diese Plattform auszukommen», sagt Boris Iseli konsterniert. Selbstverständlich profitieren kleinere Garagen von den neuen Tarifen. Die meisten jedoch werden wohl drauflegen. Trotz allem darf sich Autoscout24 weiterhin über etliche Kundinnen und Kunden freuen. Sie werden ihrem Anbieter auch in Zukunft treu bleiben. Nicht immer ganz freiwillig.
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Kommentare


Andreas Wüst 18. Juni 2024 - 10:06
So wird doch allen Garagisten empfohlen zu den Mitbewerbern zu wechseln und diese zu stärken - Mit KI findet Google diese Fahrzeuge auch auf anderen Plattformen.

Daniel R. 18. Juni 2024 - 10:25
Der Umstand, dass die WEKO hier nicht aktiv wird, ist verwerflich. Die Sachlage der "Ausnützung der Marktmacht" ist mehr als klar. Dies ist nicht nur nicht sehr nachhaltig im Sinne einer geschäftlichen Partnerschaft, sondern schlichtweg gesetzlich verboten. Homegate wurde, obwohl hier zumindest noch andere relevante Wettbewerbsteilnehmer da sind, bereits ins Visier genommen. Die Weko müsste aus eigenem Antrieb den Markt screenen, was vermutlich zu viel verlangt ist. Wenn sie jedoch klare Meldungen hierzu kriegt, MUSS sie aktiv werden. Ich kann nur jeden Händler ermuntern sich bei der WEKO zu melden, den Sachverhalt klar und deutlich zu formulieren und den AGVS als auch den VFA aufmuntern hier aktiv zu werden.

239023 18. Juni 2024 - 10:29
Wie im Artikel beschrieben ist das Problem dass die meisten Leads über Autoscout generiert werden. Ich inseriere meine Fahrzeuge auf Autoscout und auf Autolina. Autolina wäre ein gutes Produkt ist aber noch zu wenig bekannt. Carmarket will zur Zeit noch keine markenfreien Garagen als Inserenten. Die Aussage von Autoscout man erhalte stetig einen Mehrwert und man entwickle alles weiter erlebe ich im Gegenteil. Die Laufzeit der Toplistenings etc. wird immer wieder verkürzt, ich habe weniger Toplistenings zur Verfügung, die App ist seit Januar unbrauchbar. Früher habe ich diese täglich genutzt, jetzt gar nicht mehr! Favoriten werden als verkauft angezeigt, sind aber noch inseriert. Meine Fahrzeuge kann ich nicht mehr über die App bewirtschaften...... Am schlimmsten ist die Arroganz der Aussendienstmitarbeiter welche auf einem sehr hohen Pferd sitzen. All zu lange werde ich dies nicht mehr mitmachen und ich hoffe es bildet sich eine Allianz die Autoscout etwas in die Schranken weist, denn eine Preiserhöhung von 15-20% pro Jahr kann man nicht rechtfertigen

83 18. Juni 2024 - 10:36
Die Lösung ist ganz einfach: Autoscout Kündigen!

Mitrasch Bösiger, MB Cars AG 18. Juni 2024 - 11:11
Ja, auch mich trifft der Faktor 1.2. Gleichzeitig werden die Margen immer kleiner, dafür die Kosten und Erwartungen höher. Als nicht Markenhändler kann ich leider nicht auf Carmarket inserieren. Ich bin auch auf Autolina und Car4You. Da kommen so gut wie keine Anfragen. Und wenn mal, dann unbrauchbare. So führt kein Weg an Autoscout vorbei. Leider! Würden mal sehr viele Garagen zusammenstehen, und kündigen, könnte man sicher etwas bewegen. Allerdings braucht jeder die Verkaufszahlen, und kann es sich deshalb nicht leisten. Also nicken wir einfach wieder bei der nächsten Preiserhöhung, die garantiert nicht lange auf sich warten lässt. Also, wenn AGVS im Minimum 150 Namhafte Garagisten findet die mitmachen, bin ich sofort dabei. Das hätte eine Wirkung. Über einzelne "Täupelis", wo ich auch dazugehöre, lachen die nur, und wir machen dann wieder brav mit. Leider!

2188 18. Juni 2024 - 11:16
Wer jetzt noch jammert und nicht wechselt unterstützt diese Autoscout24 Politik weiterhin und dem ist nicht zu helfen. Es liegt in unserer Garagisten-Hand wo wir inserieren. Die Kunden werden uns folgen und nicht Autoscout24 seit euch dessen bewusst. Autoscout24 ohne eigene Fahrzeuge ist ein Trittbrettfahrer solange wir es dulden. Wir haben vor 2 Jahren umgestellt und bereuen keine Sekunde davon. Die Kunden zeigten sogar noch Verständis dafür. Nach 2 Jahren auf Autolina und Carmarket verkaufen wir nicht weniger Fahrzeuge als zuvor. Die Kunden einmalig anschreiben und informieren ist das Geld definitiv besser ausgegeben.

Reto Markus Meisel 18. Juni 2024 - 11:40
Autoscout24 ist nicht mehr akzeptabel mit Ihrer Preispolitik. Leider sind die aktuell der unangefochtene Markleader und können es sich erlauben. Sobald eine Alternative vorhanden ist, sind wir weg !! Reto Meisel - seit 30 Jahren in der Garage Meisel AG

Mark Bracher AG 18. Juni 2024 - 11:55
Besten Dank für den wichtigen und Bericht! Es ist eine bare Katastrophe mit Autoscout24 (Immoscout24 im Übrigen genau das gleiche). Es sind nicht nur unverschämte Preiserhöhungen sondern der „echte“ Gegenwert in der Anwendung nimmt täglich ab. Reihenweise Fehler in der mehr als 100 % teureren Fahrgestellabfrage und falsche Options- und Einlösedaten. Aussendienst für kleine Abos (15 bzw. 17 Plätze) ansagelos gestrichen. Videodarstellung gestrichen. Bewertungstool gestrichen. Wir wollen mit unseren Fahrzeugen gar nicht auf Anibis und Tutti erscheinen - ist verlorene Zeit was dort rein kommt. Die Anzahl Inserate mit Wert unter CHF 8000.00 sind ca. 12 % aller publizierten Fahrzeuge. Augenwischerei mit Minderkosten - der VL erklärt in diesem beschämenden Auftritt aber nur dieses Argument! Bitte gebt alle an den Preisüberwacher und an die WEKO Eure Situation ein, denn nach uns ist die WEKO sehr wohl daran die marktbeherrschende Ausnutzung zu beleuchten. „Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht“. Autoscout24 gibt bei kritischen Anfragen schon gar keine Antwort mehr. Das ist Partnerschaft! Es war mal die beste Plattform - seit 4-5 Jahren nur noch unverschämt, berechnend und ausnutzend. Nach uns braucht es keine beklebten Trams mit „unserem Geld“. Die Plattform ist oder war bekannt und anerkannt. Gefordert ist fairer Gegenwert zu fairen und klaren Kosten! Wie viele MitarbeiterInnen sind noch in Flamatt? Es ist ein echtes Trauerspiel!

Eric Senn 18. Juni 2024 - 13:22
tja wer das Krokodil über Jahre füttert muss sich nicht wundern, wenn es mehr Appetit bekommt - und jetzt wird der Staat zur Hilfe genommen - vergesst nicht 50% der Weisheit der Füchse ist 50% der Dummheit der Hühner.

Nik Hofer 18. Juni 2024 - 15:59
Wir haben unser 150 Abo gekündigt. Die Garagisten sollten ein Zeichen setzen. Autoscout prustet sich mit unseren Autos, für die wir auch noch bezahlen. Mit unseren Autos generieren sie Clicks und verkaufen mit der Anzahl Clicks Werbungschaltungen. Diese Entwicklung war abzusehen. Frage mich manchmal wo hier der AGVS bleibt. Man hätte schon lange zusammen mit Auto Schweiz das Steuer in die Hand nehmen sollen. Lange Gesichter ziehen nützt nichts. Ich frage mich, ist es nicht die Aufgabe eines Verbandes sich vorausschauend für das Wohl ihrer Mitglieder einzusetzen. Wir werden neue Wege suchen und finden. bis plötzlich ... Nik Hofer

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