Schweizer Personenwagenmarkt überrascht mehrheitlich positiv

Schweizer Personenwagenmarkt überrascht mehrheitlich positiv

21. April 2015 agvs-upsa.ch - Die Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank, den Euro-Franken-Mindestkurs am 15. Januar 2015 mit sofortiger Wirkung aufzuheben, belastete die Verkaufszahlen von Neuwagen im Januar stark (-1814 PW, -9,0%). Dank der raschen Gewährung von Euro-Rabatten im zweistelligen Prozentbereich sowie teilweise markanten Listen-preissenkungen erholte sich die Absatzstagnation jedoch überraschend schnell: Im Februar betrug das Plus im Vorjahresvergleich bereits 2,1 Prozent – im März sogar sagenhafte 20 Prozent!


Kumuliert lagen die Immatrikulationen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein mit 72'275 Personenwagen im ersten Quartal 2015 um 5,7 Prozent (+3880 PW) über dem Vorjahr. Die Preisnachlässe förderten allerdings nicht nur den Verkauf von Neuwagen, sondern schmälerten auch die Margen von Importeuren und Händlern sowie die Verkaufszahlen im Gebrauchtwagenmarkt: Von Januar bis März 2015 wechselten folglich 4326 weniger Occasionen ihren Besitzer (206'016 PW, -2,1%), was sich ebenfalls in einer geringeren Reduktion der Standzeiten (94 Tage, -1,1%) nieder-schlug als noch vor Jahresfrist (-6,9%).


Das erste Quartal 2015 sorgte für ein stürmisches Wechselbad der Gefühle: Nach der ersten Schockstarre von Mitte Januar reagierten die ersten Autoimporteure bereits am 19. Januar mit intensiv beworbenen Rabattaktionen auf die überraschende Aufhebung des Euro-Franken-Mindestkurses. Allein von Januar bis März flossen hierzulande mehr als 100 Mio. Franken in die Werbung für Neuwagen! Mit dem Mazda2, Audi Q3, Volvo XC60, Citroën C4 Cactus und Fiat 500X Crossover waren gar fünf Fahrzeuge unter den Top-10 der meist-beworbenen Produkte vertreten. Die gewährten Rabatte führten zu einer wahrnehmbaren Erhöhung der relativen Kaufkraft, was bei langlebigen Konsumgütern die Kaufabsicht positiv beeinflusst. Gleichwohl muss davon ausgegangen werden, dass mit den Preisnachlässen nur beschränkt zusätzliche Nachfrage geschaffen wurde. Vielmehr haben bereits Kaufwillige wohl die Gunst der Stunde genutzt und ihren (geplanten) Neuwagenkauf vorgezogen.


Bei gleichbleibendem Euro-Frankenkurs gehen die Marktanalysten von Eurotax deshalb davon aus, dass der aktuell hohe Nachfragedruck in den kommenden Monaten abflachen wird. Für das Gesamtjahr kann derzeit trotzdem mit einem leichten Verkaufsplus gerechnet werden, wie auch das überaus positive Feedback vom zurückliegenden Automobil-Salon in Genf erwarten lässt.


Für Urs Wernli, Zentralpräsident AGVS, festigt die jüngste Marktentwicklung eine schon länger beobachtbare Tendenz: «Trotz erfreulicher Neuwagenverkäufe werden die stetig sinkenden Margen für viele unserer Mitglieder zu einer Belastung. Hinzu kommt, dass die teilweise massiven Wertverluste auf jungen Gebrauchtwagen zusätzlich an der wirtschaftlichen Substanz nagen. Bestehende Geschäftsmodelle müssen deshalb kritisch hinterfragt und neue, zukunftsfähige Erwerbsmöglichkeiten – beispielsweise im Bereich der Mobilitätsberatung – gesucht werden».


Neuordnung der Top-10-Markenlandschaft
Ende 2014 erstmals angedeutet und nun im ersten Quartal 2015 bereits Realität geworden: Die Top-10-Neuwagen-Rangliste wird neu gemischt. Einerseits weisen etablierte Marken wie Mercedes-Benz (+38,2%), Skoda (+21,1%) und Renault (+18,7%) Wachstumsraten auf, welche die ebenfalls stark zulegenden Mitbewerber von BMW (+15%) und Peugeot (+11,7%) etwas verblassen lassen. Andererseits rückte die ehemals notleidende Marke Citroën (+23,6%) zulasten von Toyota (-13,8%) in die Top-10-Markenrangliste auf. Mit «lediglich» einstelligen Wachstumsraten mussten sich hingegen die Volumenmarken Ford (+9,6%), Volkswagen (+4,5%) und Audi (+2,1%) zufrieden geben. Im Vergleich dazu entwickelten sich die Verkaufszahlen von Opel (-14,4%) völlig konträr zum erfreulichen Absatzplus der Rüsselsheimer in Gesamteuropa (+3,1%). Es bleibt abzuwarten, wie lange sich Opel hierzulande noch in der Top-10-Rangliste zu halten vermag.


Bei den Marken, die im ersten Quartal 2015 weniger als 1000 aber mehr als 500 Fahrzeuge verkauft haben, spielt Porsche in einer eigenen Liga: Von Januar bis März wurden mehr als doppelt so viele Fahrzeuge immatrikuliert als noch ein Jahr zuvor (974 PW, +113,6%). Damit positionieren sich die trendigen Sportwagen aus Stuttgart-Zuffenhausen deutlich vor Land-Rover (844 PW, -11,7%), Jeep (752 PW, +17,7%) und Smart (672 PW, +61,5%).


Markant an Stückzahlen zulegen konnten nicht nur einzelne Marken, sondern auch alternativ angetriebene Personenwagen mit Hybrid-, Elektro-, Gas- oder E85-Motor: Im Vorjahresvergleich nahmen die betreffenden Immatrikulationen um 32,9% zu – ihr Marktanteil liegt neu bei 3,9%. Starkes Wachstum verzeichneten erneut auch 4x4-Fahrzeuge (+7,0%) sowie – nach einer längeren Schwächephase – Fahrzeuge mit Dieselmotor (+8,7%).


Occasionsmarkt leidet unter Preisnachlässen bei Neuwagen
Wie bereits 2014 entwickelte sich der Gebrauchtwagenmarkt auch im ersten Quartal des laufenden Jahres negativ (-4326 PW, -2,1%). Von den Volumenmarken vermochten einzig Mercedes-Benz (+3,0%), Volkswagen (+1,7%) und Audi (+1,5%) zuzulegen. Praktisch unverändert nachgefragt wurden hingegen gebrauchte Fahrzeuge von BMW (-1,0%), während die übrigen Top-10-Markenvertreter teilweise massive Einbussen hinnehmen mussten: Fiat (-10,1%), Peugeot (-7,9%), Ford (-7,8%), Opel (-7,5%), Renault (-6,8%) und Toyota (-6,5%) hoffen auf Besserung im zweiten Quartal. Zu schaffen macht den Händlern, dass Neuwagen mit Rabatt teilweise günstiger oder nur unmerklich teurer zu haben sind, als junge Occasionen der gleichen Marke und des gleichen Modells. Zwar wurden auch die Angebotspreise der meisten Gebrauchtwagen gesenkt, aus ökonomischen Gründen jedoch nicht im gleichen Umfang wie Preisnachlässe bei Neuwagenkäufen gewährt werden.
 

Heiko Haasler, Geschäftsführer von Eurotax Schweiz, kennt die Problematik: «Durch Rabatte werden nicht nur Neuwagen günstiger – auch die in Gebrauch befindlichen Fahr-zeuge sowie Occasionsbestände verlieren an Wert. Wir haben uns deshalb dazu entschlossen, bei den Eurotax-PKW-Occasionspreisen eine Zusatzabwertung vorzunehmen – individuell nach Marke und Zulassungsjahr. Für junge Jahrgänge beträgt diese im Schnitt über 6% und fällt mit dem Alter der Fahrzeuge ab.» Unter www.eurotaxpro.ch/kurssturz publiziert Eurotax regelmässige Updates zu Euro-Rabatt-Aktionen und angepassten Listen-preisen sowie Informationen über die daraus resultierenden Restwertanpassungen.
 

Standzeiten im gehobenen und hohen Preissegment steigen
Dass sich hohe Neuwagen-Rabatte vor allem auf den Occasionshandel im gehobenen und hohen Preissegment auswirken, lässt sich an der Standzeit-Entwicklung der betreffenden Fahrzeug-Segmente ablesen. Im Vorjahresvergleich warteten Fahrzeuge der Luxusklasse (121 Tage, +5,2%), SUVs und Geländewagen (87 Tage, +3,6%) sowie Cabriolets und Roadster (118 Tage, +2,6%) länger auf einen neuen Besitzer. Ebenfalls eher indifferent war die Nachfrage nach Fahrzeugen der Unteren Mittelklasse (93 Tage; +2,2%), nach Coupés (113 Tage, +0,9%) sowie nach Exoten in der Microklasse (95Tage, +0,0%). Dass die durchschnittlichen Standzeiten (94 Tage, -1,1%) dennoch abnahmen, ist auf die gestiegene Kauf-lust in den Segmenten Kompakt-/Minivans (94 Tage; -5,1%), Kleinwagen (88 Tage, -3,3%), Mittelklasse (94 Tage, -3,1%) und obere Mittelklasse (100 Tage, -2,0%) zurückzuführen.