Spannende Herausforderungen für die Garagisten in der Zukunft: «Produziert der Garagist seine Teile künftig im 3D-Drucker?»



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Die drei grossen Player ESA, Hostettler Autotechnik AG und SAG setzten sich vor dem Auto-Salon an einen Tisch, um mit AUTOINSIDE über die Herausforderungen der Zukunft zu diskutieren. Die Bedeutung des menschlichen Faktors, darin waren sich die drei einig, wird in Zukunft noch wichtiger werden. Sascha Rhyner und Sandro Compagno, Redaktion

Die ESA, Hostettler Autotechnik AG sowie die SAG mit Derendinger, Matik, Technomag und Wälchli+Bollier sind am Auto-Salon in der Halle 7 präsent, die in diesem Jahr ein neues Konzept hat. Was dürfen wir erwarten?
Severin Kollros (Hostettler): Es geht für uns alle um die Kundenbeziehung. Sie ist enorm wichtig und steht im Fokus. Dazu präsentieren wir einige Neuheiten. Generell wird dem Besucher in der Halle 7 enorm viel Know-how vermittelt. Man wird viele Gespräche mit wichtigen Playern im Markt führen können. Diese geballte Kompetenz an einem Ort ist für das Fachpublikum sehr vorteilhaft.
Gérard Georges (ESA): Mit dem Auto-Salon haben wir in der Schweiz seit mehr als 80 Jahren einen riesigen Anlass, den jeder be- sucht, der autoaffin ist. Günstiger und einfacher als am Auto-Salon kommt man mit seinen Kunden nirgends in Kontakt. Wer indes wie vor 20 Jahren mit ehrgeizigen Umsatzzielen an den Salon reist, wird enttäuscht sein. Diese Zeiten sind vorbei. Die Kunden kommen nach Genf, wollen mit den Zulieferern sprechen, sich mit Berufskollegen austauschen und einfach einen Tag geniessen.
Sébastien Moix (SAG): Der Auto-Salon ist die Kommunikations-Plattform der Branche – und das seit Jahrzehnten. Allerdings stelle ich fest, dass mittlerweile viele Leute nicht mehr jedes Jahr nach Genf fahren. Die Halle 7 verliert jedes Jahr etwas an Attraktivität, weil jedes Jahr einige Aussteller nicht mehr kommen. Das ist bedauerlich. Für die bestehenden Aussteller ist es wichtig, dass die Halle 7 attraktiv bleibt, damit die Garagisten etwas Zeit in den Besuch dieser Halle investieren. Uns ist bewusst, dass die Garagisten nicht wegen der Halle 7 kommen, sondern wegen den Hallen 1 bis 6. Aber wenn sie müde Beine und etwas Hunger haben, kommen sie zu uns, um sich zu setzen, sich zu verpflegen und Gespräche mit unseren Leuten zu führen.
 
So wie sich das Gesicht der Halle 7 in den letzten Jahren verändert hat, verändert sich auch das Berufsbild des Garagisten – vom Verkäufer und Reparateur zum ganzheitlichen Mobilitätsdienstleister. Ist diese Entwicklung für Sie als Zulieferer spürbar?
Kollros: Auf unser Geschäft hat diese Entwicklung noch keinen direkten Einfluss. Unsere Garagisten sind im Servicebereich aber sicherlich gefordert. Sie entwickeln sich zum Service-Dienstleister. Ich denke dabei von einfachen Hol- und Bringdiensten bis hin zu Rent-to-use. Das geht mit den steigenden Ansprüchen seitens der Kunden einher.
Moix: Der reine Handwerker, der sich auf Wartung und Reparatur konzentriert, wird ein Mobilitätsdienstleister. Man kann das am Bei- spiel des Reifenhotels illustrieren: Vor zehn bis fünfzehn Jahren kann- te man das nicht und heute muss man das anbieten, wenn man im Reifengeschäft erfolgreich sein will. Solche Zusatz-Dienstleistungen braucht der Garagist, weil seine Rendite im traditionellen Geschäftsfeld  schwindet.
Georges: Der Automobilist erwartet von seinem Garagisten eine Rundumbetreuung: Dieser holt das Auto beim Kunden ab, reinigt es, gibt dem Kunden Tipps, wie er ökologischer fahren kann, und bietet ihm passende Lösungen für die Zeit, in der sein Wagen in der Werkstatt  steht  –  nicht  nur  einen  Ersatzwagen,  sondern  vielleicht auch einen Einkaufsservice. Diese Services erlebt der Kunde tagtäglich in anderen Industrien. Das sind sich viele Garagisten nicht gewohnt. Sie führen ja keinen Restaurations-   oder   Hotelleriebetrieb, sondern einen Reparaturbetrieb. Hier versuchen wir, die Garagisten zu sensibilisieren und an dieses sich wandelnde Berufsbild heranzuführen.
  
Wie unterstützen Sie den Garagisten in diesem Wandel?
Georges: Ich bin überzeugt, dass die Leute, die heute ins Garagengewerbe einsteigen, sich bewusst sind, dass die Konsumenten einen anderen Service erwarten. Mit dem Generationenwechsel in den Garagen wird es zu einer gewissen Strukturbereinigung kommen. Das stelle ich heute bei unserem jüngeren Kundenstamm fest: Dieser redet nicht von B2B oder B2C, sondern von H2H – also Mensch zu Mensch. Aber Massnahmen oder Konzepte zu kreieren, die diesen Service- Gedanken fördern, ist relativ schwierig.
 
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lso wird die ESA in Zukunft auch psychologische Konzepte entwerfen...
Georges (lacht): Wir bieten Kurse an, wie man richtig verkauft. Ein ewiges Thema in der ESA – und nicht nur bei uns – ist die Frage, wie man aktiv Reifen verkauft. Es ist bedauerlich, dass immer noch viele Kunden  in  die  Garage  kommen  und  nicht darauf  angesprochen werden,  dass  sie  abgefahrene,  fast  abgefahrene  oder  zu  alte  Reifen haben. Es wäre der ideale Einstieg in ein Verkaufsgespräch.
   
Ist der Reifen der Punkt, an dem die Kunden am besten abgeholt werden können?
Kollros: Es ist vor allem ein Punkt, den der Privatkunde noch versteht. Er sieht den Reifen, er kann ihn berühren und spüren. Das ist mit komplexen elektronischen Systemen wie dem Reifendruckkont- rollsystem oder Fahrassistenzen nur schwer möglich. Aus meiner Sicht ist eine zentrale Frage, die wir uns stellen müssen: Wie viele junge Autofahrer und Autokäufer gibt es in Zukunft noch? Skiausrüstung, Ferienwohnung, Velo… Ich kann alles mieten – und zwar genau dann, wenn ich es brauche. Diese Tendenz wird vor der Mobilität nicht Halt machen. Daraus ergibt sich die Frage, wie die Kunden in die Garage kommen. Damit sind wir wieder am Punkt, dass sich der Garagist zum Mobilitätsdienstleister wandeln muss.
  
Mieten muss nicht zwingend nachteilig sein: Ein Sharing-Auto wird viel intensiver genutzt als ein Privat-Fahrzeug, das die meiste Zeit stillsteht.

Kollros: Richtig. Aber wie kommt der Garagist an dieses Fahrzeug? Georges: Flotten sind ein grosses Thema. Schon mittelgrosse Un- ternehmen betreiben Flotten. Allerdings läuft das Flottengeschäft meistens an den Garagen vorbei. Die Jungen werden kein Auto mehr kaufen, sondern bei einem Flottenbetreiber ein Auto mieten, um von A nach B zu kommen. Dort lassen sie es stehen und fahren mit dem Velo weiter oder mit dem Schiff…
Moix: …und sie mieten genau das Fahrzeug, das sie im Moment brauchen: Um an ein Konzert zu kommen, reicht ein Kleinwagen. In die Ferien fahren sie mit einem Kombi.
   
Wie kann sich der einzelne Garagist in diesem Umfeld behaupten?
Moix: Er braucht starke Partner. Hier bieten wir mit unseren Werkstattkonzepten Unterstützung. Der einzelne Garagist ist für eine Leasingfirma oder einen Flottenbetreiber nicht interessant, aber wenn wir ein Gespräch führen und im Namen von 300 oder 400 Partnern sprechen, sieht es sofort anders aus.
     
Ist das mit ein Grund, wieso sich immer mehr Garagisten einem Ihrer Konzepte  anschliessen?

Kollros: In einem Konzept wie Autofit oder Autoprofi stehen dem Garagisten Dienstleistungen zur Verfügung, die er alleine nicht stemmen kann, wie beispielsweise IT-Systeme, Anbindungen an einen elektronischen Teilekatalog, ERP-Systeme, technischer Support usw. Im Konzept hat er Zugang zu solchen Lösungen.
Georges: Denken Sie nur an den Online-Auftritt! Sie finden heute kein Restaurant mehr, das nicht online präsent ist, und das ist bei den Garagen genau gleich. Nur: Das alleine zu stemmen, ist relativ schwierig, im Verbund hingegen geht das leichter. Das ist wohl mit ein Grund, in einem Garagenkonzept mitzumachen: Der Garagist erhält ein Stück Heimat. Es ist mindestens so interessant, einem freien Mul- timarken-Konzept anzugehören wie einer bestimmten Marke. Es gibt schon jetzt immer mehr markengebundene Werkstätten, die sich par- allel einem freien Konzept anschliessen.
Moix: Bei unseren Konzepten GaragePlus und CarXpert haben 80 Prozent der neuen Partner eine Markenvertretung. Sie haben ihre Markenvertretung für die Aktivität Autoverkauf und alle Aktivitäten rund um die Marke. Und daneben haben sie das Werkstattkonzept für das Werkstatt-Marketing.
  
Sprechen wir über Logistik: Sie haben Millionen in Ihre Infrastruktur investiert; 2016 eröffneten ESA und SAG neue Logistikzentren.

Georges: Die ESA als Vollanbieter – sie ist das Rückgrat der Schweizer Garagisten und Carrossiers – muss Produkte und Dienstleistungen im Haus haben, um die Kunden sehr schnell bedienen zu können. Dafür adaptierten und beschleunigten wir unsere internen Prozesse massiv. Ein weiterer Grund für das neue Logistikzentrum in Burgdorf ist das Reifengeschäft, das wir in den letzten Jahren stetig ausgebaut haben. Das braucht ganz einfach viel Lagerplatz.
Moix: Die SAG hat in Niederbipp eben falls viel investiert. Das war nötig, denn nach dem Zusammenschluss von Technomag und Derendinger ist die Anzahl Filialen von 30 auf fast 70 gestiegen, wenn man noch Matik dazurechnet. Überdies werden die Autos immer komplexer, die Bandbreiten grösser. Wir brauchen sehr viele Verschleissteile an Lager, damit wir eine gute Abdeckung garantieren können. Und wir haben in den letzten Jahren immer neue Produktgruppen ins Sortiment aufgenommen. Es gibt Produkte wie Auspuffanlagen, die tendenziell rückläufige Absatzzahlen aufweisen. Das muss man mit neuen Produktlinien kompensieren, was Pl atz braucht. Denn die Auspuffanlagen müssen wir weiterhin an Lager halten.
Kollros: Ich kann mich meinen Vorrednern anschliessen. Logistik und Prozesse werden unserer Meinung nach auch in den kommenden Jahren einem steten Wandel unterliegen, weil sich auch die Marktanforderungen permanent ändern.
     
Sie liefern bis zu fünfmal täglich an die Garagisten, was eine logistische Meisterleistung ist. Ist Ihr Konkurrenzkampf verantwortlich für den hohen Lieferrhythmus, der im Vergleich mit anderen Ländern einmalig ist?

Kollros: Es gibt tatsächlich Kunden, die fünf- bis sechsmal angefahren werden, was aus betriebswirtschaftlicher Optik enorme Kosten verursacht. Alle liefern drei- bis fünfmal pro Tag aus. Ein Garagist wird also 15- bis 20-mal pro Tag beliefert. Es gibt sicherlich Möglichkeiten, diesen teilweise fragwürdigen Aufwand zu reduzieren. Dies bedarf aber der Mitwirkung aller involvierten Parteien im Markt.
Georges: Wir sind stetig daran, unsere Ausliefertouren zum Vorteil unserer Kunden zu optimieren. Wir beliefern unsere Mitinhaber und Kunden zwei- bis dreimal täglich. Aber weitere Fahrten sind derzeit nicht angedacht. Hier spielen auch ökologische und ökonomische Überlegungen mit.
  
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Ein wichtiges Kriterium ist der Preis. Hier spielt die Digitalisierung eine Rolle. Erleben Sie Automobilisten, die Teile im Internet bestellen und damit zum Garagisten gehen? Oder Garagisten, die selber im Ausland bestellen?
Moix: Bei den Reifen ist das sicher viel häufiger der Fall als bei Service- und Verschleissteilen. Reifen sind relativ einfach für den Automobilisten: Er muss einfach lesen, was auf seinem Pneu steht. Bei Service- und Verschleissteilen ist es manchmal sogar für die Garage schwierig, genau die richtigen Teile zu identifizieren. Für den Automobilisten ist das fast nicht machbar. Es kommt vor, dass Autofahrer im Internet Teile suchen, diese aber nicht kaufen, sondern mit einem Ausdruck zum Garagisten gehen und versu- chen, den Preis zu drücken: «Schau mal, diesen Katalysator habe ich im Internet für 500 Franken gefunden, aber du verrechnest mir 700 Franken…»
Georges: Das stellen wir auch fest. Bei Reifen ist es mittlerweile nicht unüblich, dass die Leute im Internet bestellen und damit zum Garagisten gehen. Bei Teilen ist es kein Thema. Es kommt vor, dass Garagisten zum Beispiel einen Klimakompressor im Ausland bestellen und einbauen. Aber das ist nicht ganz unproblematisch: Teilweise stimmt die Qualität nicht oder die Produktidentifikation ist nicht eindeutig. Zu beobachten ist die Entwicklung bei Bremsscheiben und -belägen. Dort kann  man bei Amazon Teile bestellen, hinter denen sogar der Originalhersteller steckt.
    
Gerade bei den Reifen macht die Digitalisierung dem Garagisten zu schaffen: Der Automobilist kann im Internet Reifen teilweise zu günstigeren Preisen bestellen als der Garagist im Einkauf.

Georges: Dahinter stehen Firmen, die mit 5 Prozent Marge auskommen. Wenn es dann ernst gilt und der Schnee kommt, können sie nicht liefern, da sie keine entsprechenden Lager haben, vorher aber haben sie mit ihren Preisen den Markt verrückt gemacht. Grosse Player wie reifendirekt.de und andere, die in ganz Europa x Millionen Reifen einkaufen, können mit ihrer Marktmacht ganz anders agieren. Selbst wenn wir drei uns zusammenschliessen, können wir da nicht mithalten. In der Schweiz haben sie weniger Erfolg. Wenn der Schweizer nach der Tagesschau sieht, dass Schnee angesagt ist, ruft er am nächsten Morgen seine Garage an und will Winterreifen – schnell und einfach. Auf unserer Online-Plattform garagino.ch kann er den gewünschten Reifen kaufen und online einen Termin vereinbaren. Der Preis ist dabei nicht das wichtigste Kriterium. Rund die Hälfte des Pneu-Marktes läuft in der Schweiz über die Garagen. Das ist im Ausland schon lange nicht mehr so.
  
In der Schweiz gibt es sehr viele kleine Garagisten mit ein bis drei Mitarbeitenden. Wohin geht die Reise für diese Kleinbetriebe?

Moix: Die Autos werden immer komplexer. Es gibt immer mehr elektronische Teile. Ich mache Ihnen ein Beispiel: Vor 10 Jahren konnte jeder eine Batterie wechseln. Mittlerweile gehört auch die Neucodierung dazu, damit das Auto die neue Batterie erkennt. Oder nehmen wir Windschutzscheiben: Wenn man sie ersetzt, muss man alle Sensoren und Kameras oder Radar neu justieren. Da sind auch wir als Zulieferer gefordert. Die Garagisten und Mechaniker müssen sich ständig weiterbilden – aber ein Drei-Mann-Betrieb kann nicht alles kennen und können. Selbst Markenhändler sind in gewissen Bereichen am Limit. Darum brauchen sie starke Partner mit technischen Informationen, mit Hotlines und mit digitalen Informationssystemen im Rücken.  
  
Vorher war die Rede von Car-Sharing. Gibt es eine Tendenz, dass sich Garagisten zusammenschliessen, um Werkzeuge resp. Werkstatt- Einrichtungen – beispielsweise teure Kalibrierungsgeräte – zu teilen?

Kollros: Grundsätzlich sind diese Garagisten freie Unternehmer und stolz auf ihr Unternehmen. Gewisse Geräte und Infrastrukturen zu teilen, braucht Überwindung. Andererseits wird das Teilen von Werkstatt-Einrichtungen schnell sehr komplex. Sich in einem Netzwerk zu behaupten, um mit dieser Komplexität umgehen zu können, wird zu einer grossen Herausforderung für den kleinen Garagisten. Hier bieten wir mit Autofit und Autoprofi Unterstützung.
Georges: Dass das Sharing von Spezialwerkzeug ein Thema ist, stellen wir auch fest. Jeder möchte mitmachen und profitieren, aber keiner würde sein Spezialwerkzeug hergeben. Häufiger kommt es vor, dass sich einige Garagisten zusammentun und sich absprechen: Einer macht Lenkgeometrie und ein anderer ist für die Klimasysteme zuständig. Sie spannen zusammen und sind so in der Lage, alles anzubieten. Dazu sind unsere Werkstatt-Konzepte ideal. In diesen Netzwerken wird viel ausgetauscht. Aber natürlich gibt es auch Garagisten, die auf gar keinen Fall mit dem Kollegen im Dorf zusammenarbeiten wollen (lacht).
Moix: Wir müssen unterscheiden zwischen marken- oder gar modellspezifischen Werkzeugen und gewissen Multimarken-Einrichtungen wie zum Beispiel Kamera- und Radar-Kalibrierungstools. Es gibt Werkzeuge, die nur für eine Marke und vielleicht sogar nur für ein bestimmtes Modell einsetzbar sind. Hier mehrere 100 Franken zu investieren, macht für den Garagisten keinen Sinn. Er hat keine Chance, diesen Betrag zu amortisieren. Anders bei Multimarken-Werkzeugen: Hier kann sich eine Investition durchaus lohnen, weil er eine Dienstleistung selber anbieten kann, statt mit dem Wagen eine halbe Stunde zum Kollegen zu fahren.
  
Wir haben moderne Technologien schon ein wenig angeschnitten. Ein Elektromotor hat bis zu 70 Prozent weniger Bauteile als ein Verbrenner. Wohin geht die Reise? Wie fahren wir in die Zukunft?
Moix: Ich denke, keiner hier am Tisch kann sagen, wohin die Reise geht. Auch die Experten sind sich uneins: Die einen sagen, Elektro werde sich durchsetzen, andere sprechen von Hybrid oder Wasser- stoff. Man muss genau beobachten, was im Bereich Automobiltechnologie passiert. Wir von der SAG haben eine langjährige Zusammenarbeit mit allen Zulieferern der Automobilindustrie. Und wie Sie alle wissen, stammen 70 bis 80 Prozent der Wertschöpfung an einem Auto nicht vom Automobilhersteller, sondern von verschiedenen Zulieferern. Das sind unsere Lieferanten. Von daher sitzen wir an der Quelle und erfahren früh, in welche Richtung es geht. Wir verfolgen diese Entwicklung aktiv.
  
Am «Tag der Schweizer Garagisten» wurde offenkundig, dass sich die Branche sehr bewusst ist, wie rasch sich die Welt ändert. Aber niemand weiss genau, in welche Richtung. Was kann der einzelne Garagist in dieser Zeit tun? Wie kann er sich vorbereiten?

Kollros: Zuallererst muss er den Wandel akzeptieren. Sein Arbeitsumfeld wird sich ebenso verändern wie sein Beruf und die Anforde- rungen, die an ihn gestellt werden. Wie auch immer die Werkstatt der Zukunft aussieht: Der Garagist muss im Moment sehr offen sein und sich sehr breit weiterbilden. Er muss dieser Veränderung offensiv entgegentreten. Diese Veränderung im Berufsbild des Garagisten wird auch den Teilelieferanten stark beeinflussen. Wer von uns liefert heute einen Motorenblock? Keiner. Aber einen Elektromotor kann man in eine kleine Schachtel packen und verschicken. Dazu braucht es viel mehr Elektronik, viel mehr technisches Know-how, doch die Frage ist: Wie weit bist du noch Teilezulieferer? Und wie weit bist zu Zugangslieferant für Software-Systeme? Geht es um Updates? Hat der Garagist der Zukunft einen 3D-Drucker und druckt die benötigten Teile selber? Möglicherweise liefern wir in Zukunft weniger Teile, dafür mehr Technologie. Ich bin sicher, dass sich auch bei uns die Anforderungen an alle Mitarbeiter verändern.
Georges: Wir haben vorher darüber gelacht, aber es wird auch Psychologie brauchen. Wir stellen fest, dass viele Garagisten mit diesem Druck und dieser Unsicherheit Mühe haben. Diese Garagisten brauchen einen Gesprächspartner, der weder Konkurrent noch Mitarbeiter ist. Hier eignet sich der Lieferant. Sehr viel in diesem Bereich ist Beziehungspflege und wir können dem Garagisten versichern: Es kommt nicht so grau oder schwarz, wie es jetzt den Anschein macht.
Moix: Der Anteil Beratung beim Kundenbesuch wird weiter zunehmen. Die reine Verkaufsaktivität wird immer kleiner. Hier sind wir alle gefordert: Wenn es unseren Kunden nicht gut geht, dann geht es uns auch nicht so gut. Darum investieren wir stark in die technische Unterstützung. Wir haben bei der SAG vor 16 Jahren mit Techpool angefangen. Mittlerweile haben wir eine Mannschaft von rund 30 Personen. Das wird von den Kunden geschätzt: Wenn der Garagist ein technisches Problem hat, kann er unsere Hotline anrufen und erhält eine kompetente Antwort.
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