«Tag der Schweizer Garagisten» 2020
VW-Stratege fordert Visionen statt Restriktionen
Michael Jost, der Chefstratege des VW-Konzerns, erklärte den anwesenden Garagisten zu Beginn seiner Ausführungen, dass er ihre Perspektive durchaus kenne: «Ich habe einige Jahre versucht, ihr Geschäft zu machen. Und ich habe dabei aus einem grossen Vermögen ein kleines gemacht. Aber ich war dabei total engagiert!» Inzwischen kümmert sich Michael Jost, als Chief Strategy Officer der Marke Volkswagen, um die Strategie des riesigen VW-Konzerns. Dieser fertigt mit 640'000 Mitarbeitern täglich 44'000 Fahrzeuge. Deren Leistungsspektrum reicht vom Kleinwagen VW Up mit 60 PS bis zu 1500 PS beim Luxusboliden Bugatti Chiron.
Nun richtet der VW-Konzern sich komplett neu aus und durchläuft die grösste Transformation seiner Geschichte. «Wir richten unsere Geschäftsaktivitäten an den drei Themen Digitalisierung, Elektrifizierung und Unternehmenswert neu aus. Und die E-Mobilität wird zum neuen Geschäftsmodell des VW-Konzerns.» Dafür investiert der VW-Konzern 33 Milliarden Euro, bringt rund 75 neue vollelektrische Modelle in den drei Weltregionen China, USA und Europa auf den Markt. Auf dem sogenannten MEB, einem äusserst variablen Elektrobaukasten, basiert künftig sowohl der elektrische VW ID.3 und der Seat El Born als auch die gesamte E-SUV-Familie bis hin zu dem Bulli-Nachfolger ID.Buzz (2022) oder dem Elektro-Flaggschiff ID.Vizzion.
«Als Stratege hat man dafür einen Plan. Denn wenn ein so grosser Supertanker wie der VW-Konzern aus ruhigen Gewässern losfährt, dann hat man davor sicherlich zwei-, dreimal darüber nachgedacht», erklärte Jost den über 900 Schweizer Garagisten in Bern. «In zehn Jahren werden Garagisten daher vielleicht einige Software-Spezialisten bei sich im Betrieb haben, die neue Dienstleistungen anbieten. Unsere Autos werden nämlich aktueller. Sie kriegen Upgrades - auch unterwegs. Die Daten und die Digitalisierung werden uns zudem helfen, gemeinsam mit unserem Handel unsere Kunden noch besser zu verstehen.» VW will daher in den nächsten Jahren bis zu 10'000 Software-Ingenieure einstellen.
Doch nicht die Ausführungen zur Digitalisierung, sondern vielmehr zur Elektromobilität und dem bereits Ende 2018 angekündigten Abschied vom Verbrenner sorgten für das meiste Aufsehen in Bern. «Es macht keinen Sinn, jeden Tag einem neuen Gesetz nachzulaufen. Daher haben wir uns bei VW freiwillig zum Pariser Abkommen bekannt und stellen bis 2050 die CO2-Neutralität in unserem Konzern sicher», so Jost.
Heute seien der VW-Konzern und dessen Produkte für 1 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses verantwortlich. Und weil unser Planet bezüglich CO2-Emmissionen und Temperaturanstieg nicht zwischen Amerikaner, Chinese und Schweizer differenziere, müsse jeder von uns etwas für die Verringerung des CO2-Fussabdrucks tun. Er rechnete vor: «Wenn wir als Konzern 2050 CO2-neutral sein wollen, dann dürfen wir ab 2040 nur noch E-Autos lancieren.» Das heisst für Michael Jost gleichzeitig, dass das letzte Modell mit Verbrennermotor 2033 gelauncht wird. Und da man die Plattform und Technik dazu in der Regel über zwei Generationen beibehalte, komme die schon 2026 auf den Markt. «Unsere Ingenieure arbeiten somit an der letzten Verbrenner-Plattform. Und plötzlich ist 2050 nicht mehr so weit weg, sondern kommt durch die Tür und steht im Büro.»
Bedenken zur Reichweite und Lademöglichkeiten räumt der VW-Stratege aus: «Elektro ist unser neues Geschäftsmodell. Das ist in der ersten Generation von Fahrzeugen vielleicht noch schwer. In der Zweiten wird es klappen. Wir haben bereits 20 Millionen harte Produktvorhaben auf unserer äusserst variablen Elektroplattform MEB geplant», sagt Jost und macht dabei deutlich, mit welchen riesigen Zahlen der VW-Stratege zu denken gewohnt ist. «Wir werden auch in den nächsten zehn Jahren noch CNG- und Diesel-Fahrzeuge flankierend zu den E-Mobilen anbieten, aber 2040 wird Schluss sein - auch für den Diesel.» 33 Milliarden Euro hat VW in die Elektro-Transformation investiert - einmal den gesamten Markenwert. Beim deutschen Hersteller ist man überzeugt, dass die Wett auf die E-Mobilität aufgeht und Michael Jost erklärt abschliessend: «Klima und Wirtschaft sind kein Widerspruch. Wichtig: Sprechen Sie nicht über Restriktionen, sondern über Visionen!»
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