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Rückblick mit Bernhard Gerster

«Habe mich nie als Chef gefühlt»

25. März 2020 agvs-upsa.ch – Das Dynamic Test Center DTC in Vauffelin hat sich in 25 Jahren zum Schweizer Kompetenzzentrum für Mobilitätssicherheit entwickelt. Grossen Anteil am Erfolg hat Gründer und Geschäftsführer Bernhard Gerster, der nun in Pension geht.


Die treuen Begleiter von Bernhard Gerster: Crashtest-Dummies, die unter anderem für statische und dynamische Prüfungen im Bereich Flugzeugsicherheit eingesetzt werden.

cst. Vorwärts. Als Diplom-Ingenieur kennt Bernhard Gerster nur diese Richtung. «So war ich schon immer», sagt der Geschäftsführer des Dynamic Test Center DTC und lacht. «Habe ich ein Ziel vor Augen, analysiere ich das Umfeld und überlege mir, welche Wege dorthin führen», fügt er an. «Ich kann nicht leben, ohne technische Probleme zu lösen.» Diese Mentalität des Vorwärtsschauens ist es, die auch das DTC seit der Gründung 1994 auszeichnet – und zu dem gemacht hat, was es heute ist: das schweizweit grösste Kompetenzzentrum für Fahrzeugsicherheit und Fahrdynamik. Nun, nach 25 Jahren, geht Gründer Bernhard Gerster in Pension. Ab August übernimmt Nachfolger Marcel Strub das Zepter.

Die AGVS-Medien treffen Bernhard Gerster an einem verregneten Tag Anfang März im bernischen Vauffelin. Wo sonst Ausflugsfreudige in malerischer Natur wandern gehen, hängen nun dicke Wolken. Im Dynamic Test Center herrscht trotzdem reger Betrieb. Während sich in einem Gebäudeteil Studenten der Berner Fachhochschule BFH Wissen im Bereich Automobiltechnik aneignen, führen in einem anderen Sektor DTC-Mitarbeitende dynamische Prüfungen von Flugzeugkomponenten durch. Auf der bekannten Prüf- und Teststrecke hinter dem Firmengelände finden heute keine Tests statt. «Dazu spielt das Wetter nicht mit», so Bernhard Gerster.

 

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Ob als offizielle Prüfstelle für Flugzeugsitze, für Änderungen an Strassenfahrzeugen oder als akkreditierte Prüf- und Zertifizierungsstelle für verschiedenste Normprüfungen: In 25 Jahren hat sich das DTC von einem Spin-Off der BFH mit vier Mitarbeitenden zu einem europaweit anerkannten Kompetenzzentrum für Mobilitätssicherheit mit über 40 Mitarbeitenden entwickelt. «Das DTC hatte nie Ambitionen, in diese Sphären aufzusteigen. Diese Entwicklung hat sich einfach so ergeben», erklärt Gerster bescheiden. Zum Erfolg haben mehrere Faktoren beigesteuert. Dazu gehören neben dem visionären Denken des Gründers die Verbindung zur Berner Fachhochschule. Dank der Zusammenarbeit können beide Institutionen technische und personelle Synergien nutzen, was zu einer hohen Flexibilität führt. «Gerade weil das DTC flexibel agieren kann, sind wir in der Lage, sich ergebende Chancen sogleich anzupacken», erzählt Bernhard Gerster, der an der BFH selbst als Dozent tätig ist und die Leitung der Abteilung Automobiltechnik innehat. Die überschaubare Grösse des Betriebs verschafft dem DTC einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. «Anders als Unternehmen mit vielen Mitarbeitenden zeichnen wir uns durch kurze Wege und flache Hierarchien aus. Zudem sind wir betriebswirtschaftlich so organisiert, dass wir das Geld, das wir verdienen, immer wieder investieren können. Das ermöglicht uns, Forschungsprojekte laufend voranzutreiben.» Nicht zuletzt war Gerster immer darauf bedacht, dass das Know-how nicht nur bei einigen wenigen Personen liegt, sondern beim ganzen Team. «Ich habe mich nie als Chef eines Unternehmens gefühlt, sondern als gleichwertiger Mitarbeiter. Wenn es nötig ist, dann laufe ich genauso mit ‹Schüfeli› und ‹Bäseli› herum.»
Bereits als Kind war Bernhard Gerster von der Technik fasziniert, suchte nach Wegen und Lösungen für verschiedene Herausforderungen. Auch während der Lehre als Automechaniker (heute: Automobil-Mechatroniker) und anschliessend bei der Ausbildung zum Diplom-Ingenieur liess seine Neugier nicht nach. «Sogar zuhause werkelte ich jeweils weiter», erinnert er sich. Gerster verlegte Leitungen, reparierte Elektroanschlüsse oder baute Mauern. «Das eingekapselte Denken liegt mir nicht.» Die Leidenschaft für Problemlösungen ist Bernhard Gerster auch im Gespräch anzumerken. Er erklärt nicht nur komplexe Zusammenhänge mit einer Leichtigkeit, sondern weckt auch im Nu das Interesse des Gegenübers. Nach Jahren des Engagements für das DTC: Schafft es der Geschäftsführer überhaupt, einen Schlussstrich zu ziehen? «Ja!», sagt Bernhard Gerster ohne Wenn und Aber. Ein Grund sei, dass die administrativen Aufgaben in den letzten Jahren stark zugenommen hätten. «Ich hätte diese Aufgaben auch einfach immer delegieren und mich nur dem Technischen widmen können, also dem, was ich am meisten mag. Doch dann hätte jemand anderes vom Team das ‹Unschöne› erledigen müssen. Und das wollte ich nicht.» Nun sei es Zeit, neue Ideen einfliessen zu lassen. «Marcel Strub ist seit 20 Jahren im Team. Er ist die richtige Person, um das DTC zu führen. Entscheidend ist nicht, welchen Weg man nimmt. Was zählt ist, authentisch zu bleiben.»
 
Einer von Bernhard Gersters Anliegen für die Zukunft ist, dass dabei dem Nachwuchs weiterhin Sorge getragen wird. «Die Ausbildung ist für den Werkplatz Schweiz das A und O.» Für Manfred Wellauer, Vizepräsident und Mitglied Präsidialausschuss des AGVS, hat sich Bernhard Gerster stets vorbildlich für die Berufsbildung eingesetzt: «Sei es mit inspirierenden Referaten auf diversen Bildungsstufen, seinen Kontakten zu Behörden und Politik oder mit den ‹FutureDay›. Wir schätzen sein Engagement sehr.» Bei den ‹FutureDay› in Vauffelin, welche die Abteilung Automobil- und Fahrzeugtechnik der BFH gemeinsam mit dem AGVS, Agrotec Suisse, Carrosserie Suisse, SVBA, 2rad Schweiz und SLMBV organisieren, waren in den letzten Jahren alleine rund 500 Automobil-Mechatronikerinnen und -Mechatroniker aus der ganzen Schweiz mit ihren Fachlehrpersonen zu Gast. «Die ‹FutureDay› sind ein Erfolg und motivieren unsere Lernenden. Sie erhalten Ein- und Ausblick in und auf ihre Berufszukunft im Mobilitätsbereich», so Manfred Wellauer. Der AGVS danke Bernhard Gerster für die gute Zusammenarbeit und wünsche ihm alles Gute für die Zukunft.

Bernhard Gerster freut sich, bald Herr über die eigene Agenda zu werden, endlich mehr Zeit für sich und seine Familie zu haben. Einige Pläne hat er auch schon. «Im Herbst möchten meine Frau und ich mit dem Tourenvelo an der Küste Italiens entlang zu fahren», verrät der 64-Jährige. Seine Leidenschaft wird er trotzdem nicht ganz aufgeben. «Ich werde als Berater zur Verfügung stehen – aber unentgeltlich.» Das ist Bernhard Gerster, bescheiden bis zum Schluss.
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