EcoDrive / Smart Rider
«Der Garagist ist als Mobilitätsdienstleister gefragt»
1. September 2020 agvs-upsa.ch – Assistenzsysteme machen Fahrzeuge sicherer und helfen, Treibstoff zu sparen. Nur: Viele Fahrer verzichten bewusst auf deren Hilfe, sehr zum Leidwesen der Beratungsstelle für Unfallverhütung. Hier sei auch der Garagist als Mobilitätsdienstleister gefragt, sagt Nadia Ingenhoff, Projektleiterin des BFU-Projekts «Smart Rider».
Früher waren Assistenzsysteme nur für die Luxusklasse verfügbar, heute sind sie oft auch in Fahrzeugen tieferer Klassen verbaut. Findet hier eine «Demokratisierung» der Sicherheit statt?
Das kann man so sagen. Innovationen in der Autobranche werden immer erst in der Premiumklasse lanciert. Sobald die Entwicklungskosten für diese Systeme gedeckt sind, sinken die Produktionskosten. Damit ist der Weg frei, die Technik auch in weiteren Fahrzeugsegmenten einzuführen.
Assistenzsysteme sind in vielen Modellen mit einem Aufpreis verbunden. Wie kann der Garagist argumentieren, dass die Kunden bereit sind, mehr fürs Auto zu bezahlen?
Der Garagist wird immer mehr zum Mobilitätsdienstleister. Dazu gehört auch, den Kunden die Funktionsweise und den Nutzen von Fahrerassistenzsystemen zu erklären. Es ist nie falsch, in die Sicherheit zu investieren: Mehr Sicherheit bedeutet weniger Unfälle, also geringere Gesundheitskosten und weniger Unfallschäden am Auto. Damit lässt sich Geld sparen. Erfreulicherweise gelten in Europa ab 2022 neue Mindestanforderungen bezüglich Fahrzeugsicherheit: Alle neu verkauften Autos müssen serienmässig mit Notbremsassistent, Spurhalteassistent, Aufmerksamkeitsassistent und intelligentem Geschwindigkeitsassistenten ausgestattet sein.
Kann die Wirksamkeit von Assistenzsystemen bezogen auf die Zahl an Unfällen nachgewiesen werden? Besteht hier eine direkte Korrelation?
Wie viele Unfälle sich theoretisch verhindern lassen, ist je nach Art des Fahrerassistenzsystems unterschiedlich. Wir von der BFU gehen davon aus, dass es beispielsweise 38 Prozent weniger Auffahrunfälle mit Verletzten gäbe, wäre jedes Auto mit einem Notbremsassistenten ausgestattet. Zum Geschwindigkeitsassistenten lässt sich sagen, dass es mit unterstützenden und warnenden Systemen 21 Prozent weniger Unfälle mit Todesfolge und 14 Prozent weniger Unfälle mit Schwerverletzten gäbe. Bei Geschwindigkeitsassistenten, die aktiv ins Tempomanagement eingreifen, ist das Sicherheitspotential sogar noch grösser: 46 Prozent der Unfälle mit Todesfolge und 34 Prozent der Unfälle mit Schwerverletzten könnten verhindert werden.
Voraussetzung, dass die Käufer sich für ein Plus an Assistenzsystemen entscheiden und diese dann auch nutzen, ist, dass sie sich auch tatsächlich mit der neuen Technik auseinandersetzen. Die BFU will hier dazu beitragen. Wo liegen dabei die grössten Herausforderungen?
2018 hat die BFU die Kampagne Smart Rider lanciert. Die Kampagnenwebsite bietet unabhängige Informationen zu den wichtigsten Fahrerassistenzsystemen und zeigt mit Animationen auf, wie diese funktionieren. Doch das reicht nicht. Damit Automobilisten die Systeme kaufen und auch nutzen, müssen sie die Möglichkeit haben, diese in einem geschützten Rahmen testen zu können. Deshalb wird die BFU im September auf dem Flugplatz Interlaken im Rahmen der Kampagne Smart Rider gemeinsam mit Partnern erstmals einen «Testing Day» für Fahrerassistenzsysteme durchführen.
Die Entwicklung von Assistenzsystemen mündet im autonomen Fahren, bei dem das Auto alles automatisch regelt und entscheidet. Geht es grundsätzlich darum, den «Unsicherheitsfaktor Mensch» auszuschalten?
Der Mensch ist ganz klar ein Unsicherheitsfaktor und wird es wohl noch eine Weile bleiben. Die häufigsten Unfallursachen bei schweren Unfällen sind Vortrittsmissachtung, Unaufmerksamkeit und überhöhte Geschwindigkeit. Die Technik kann helfen, menschliche Defizite in der Wahrnehmung und in der Reaktionsgeschwindigkeit auszugleichen. Assistenzsysteme werden uns auf dem Weg zur vollständigen Automatisierung begleiten und uns auf der Strasse unterstützen. Der Mensch bleibt aber noch lange Zeit in der Verantwortung, auch im Autopilot-Modus.
Bildquellen: BFU / Volkswagen
kro. Assistenzsysteme in modernen Autos tragen nicht nur zur Sicherheit bei, sondern unterstützen die Autofahrerinnen und Autofahrer darin, Treibstoff zu sparen. Entscheidend aber bleibt der Mensch, weil er diese Systeme auch aktiv nutzen soll. Das tun aber nicht alle – warum?
Nadia Ingenhoff: Eine aktuelle Untersuchung der BFU zeigt, dass gewisse Systeme von Automobilistinnen und Automobilisten bewusst ausgeschaltet werden. Jede zehnte Person, deren Fahrzeug über einen Spurhalteassistenten verfügt, hat diesen noch gar nie eingeschaltet. Über mögliche Gründe kann nur spekuliert werden: Wahrscheinlich haben viele Lenker keine Zeit und Lust, sich intensiv mit der Technik ihres Autos auseinanderzusetzen. Oder sie haben aufgrund von Falschauslösungen der Assistenten schlechte Erfahrungen gemacht und damit das Vertrauen in die Technik verloren. Damit das Potential der Fahrerassistenzsysteme ausgeschöpft werden kann, muss man sich mit den Systemen auseinandersetzten und wissen, wie sie im Notfall reagieren.
Nadia Ingenhoff: Eine aktuelle Untersuchung der BFU zeigt, dass gewisse Systeme von Automobilistinnen und Automobilisten bewusst ausgeschaltet werden. Jede zehnte Person, deren Fahrzeug über einen Spurhalteassistenten verfügt, hat diesen noch gar nie eingeschaltet. Über mögliche Gründe kann nur spekuliert werden: Wahrscheinlich haben viele Lenker keine Zeit und Lust, sich intensiv mit der Technik ihres Autos auseinanderzusetzen. Oder sie haben aufgrund von Falschauslösungen der Assistenten schlechte Erfahrungen gemacht und damit das Vertrauen in die Technik verloren. Damit das Potential der Fahrerassistenzsysteme ausgeschöpft werden kann, muss man sich mit den Systemen auseinandersetzten und wissen, wie sie im Notfall reagieren.
Früher waren Assistenzsysteme nur für die Luxusklasse verfügbar, heute sind sie oft auch in Fahrzeugen tieferer Klassen verbaut. Findet hier eine «Demokratisierung» der Sicherheit statt?
Das kann man so sagen. Innovationen in der Autobranche werden immer erst in der Premiumklasse lanciert. Sobald die Entwicklungskosten für diese Systeme gedeckt sind, sinken die Produktionskosten. Damit ist der Weg frei, die Technik auch in weiteren Fahrzeugsegmenten einzuführen.
Assistenzsysteme sind in vielen Modellen mit einem Aufpreis verbunden. Wie kann der Garagist argumentieren, dass die Kunden bereit sind, mehr fürs Auto zu bezahlen?
Der Garagist wird immer mehr zum Mobilitätsdienstleister. Dazu gehört auch, den Kunden die Funktionsweise und den Nutzen von Fahrerassistenzsystemen zu erklären. Es ist nie falsch, in die Sicherheit zu investieren: Mehr Sicherheit bedeutet weniger Unfälle, also geringere Gesundheitskosten und weniger Unfallschäden am Auto. Damit lässt sich Geld sparen. Erfreulicherweise gelten in Europa ab 2022 neue Mindestanforderungen bezüglich Fahrzeugsicherheit: Alle neu verkauften Autos müssen serienmässig mit Notbremsassistent, Spurhalteassistent, Aufmerksamkeitsassistent und intelligentem Geschwindigkeitsassistenten ausgestattet sein.
Kann die Wirksamkeit von Assistenzsystemen bezogen auf die Zahl an Unfällen nachgewiesen werden? Besteht hier eine direkte Korrelation?
Wie viele Unfälle sich theoretisch verhindern lassen, ist je nach Art des Fahrerassistenzsystems unterschiedlich. Wir von der BFU gehen davon aus, dass es beispielsweise 38 Prozent weniger Auffahrunfälle mit Verletzten gäbe, wäre jedes Auto mit einem Notbremsassistenten ausgestattet. Zum Geschwindigkeitsassistenten lässt sich sagen, dass es mit unterstützenden und warnenden Systemen 21 Prozent weniger Unfälle mit Todesfolge und 14 Prozent weniger Unfälle mit Schwerverletzten gäbe. Bei Geschwindigkeitsassistenten, die aktiv ins Tempomanagement eingreifen, ist das Sicherheitspotential sogar noch grösser: 46 Prozent der Unfälle mit Todesfolge und 34 Prozent der Unfälle mit Schwerverletzten könnten verhindert werden.
Voraussetzung, dass die Käufer sich für ein Plus an Assistenzsystemen entscheiden und diese dann auch nutzen, ist, dass sie sich auch tatsächlich mit der neuen Technik auseinandersetzen. Die BFU will hier dazu beitragen. Wo liegen dabei die grössten Herausforderungen?
2018 hat die BFU die Kampagne Smart Rider lanciert. Die Kampagnenwebsite bietet unabhängige Informationen zu den wichtigsten Fahrerassistenzsystemen und zeigt mit Animationen auf, wie diese funktionieren. Doch das reicht nicht. Damit Automobilisten die Systeme kaufen und auch nutzen, müssen sie die Möglichkeit haben, diese in einem geschützten Rahmen testen zu können. Deshalb wird die BFU im September auf dem Flugplatz Interlaken im Rahmen der Kampagne Smart Rider gemeinsam mit Partnern erstmals einen «Testing Day» für Fahrerassistenzsysteme durchführen.
Die Entwicklung von Assistenzsystemen mündet im autonomen Fahren, bei dem das Auto alles automatisch regelt und entscheidet. Geht es grundsätzlich darum, den «Unsicherheitsfaktor Mensch» auszuschalten?
Der Mensch ist ganz klar ein Unsicherheitsfaktor und wird es wohl noch eine Weile bleiben. Die häufigsten Unfallursachen bei schweren Unfällen sind Vortrittsmissachtung, Unaufmerksamkeit und überhöhte Geschwindigkeit. Die Technik kann helfen, menschliche Defizite in der Wahrnehmung und in der Reaktionsgeschwindigkeit auszugleichen. Assistenzsysteme werden uns auf dem Weg zur vollständigen Automatisierung begleiten und uns auf der Strasse unterstützen. Der Mensch bleibt aber noch lange Zeit in der Verantwortung, auch im Autopilot-Modus.
Bildquellen: BFU / Volkswagen
Es geht wieder los!
Am 7. September startet die nächste «EcoDrive-Rallye» im Internet. Das Quiz der Quality Alliance Eco-Drive (QAED) hat zum Ziel, über einen Wettbewerb mit teilweise kniffligen Fragen die autofahrende Bevölkerung für eine nachhaltigere Fahrweise zu sensibilisieren. Die Vorteile liegen auf der Hand: EcoDrive senkt den Treibstoffverbrauch und leistet gleichzeitig einen Beitrag zu mehr Sicherheit im Verkehr.
Am 7. September startet die nächste «EcoDrive-Rallye» im Internet. Das Quiz der Quality Alliance Eco-Drive (QAED) hat zum Ziel, über einen Wettbewerb mit teilweise kniffligen Fragen die autofahrende Bevölkerung für eine nachhaltigere Fahrweise zu sensibilisieren. Die Vorteile liegen auf der Hand: EcoDrive senkt den Treibstoffverbrauch und leistet gleichzeitig einen Beitrag zu mehr Sicherheit im Verkehr.
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