Fast wie bei einem Kaffee

Betriebsmittel und Additive

Fast wie bei einem Kaffee

7. Juni 2024 agvs-upsa.ch – ​​Additive sind für David Kaiser clevere Problemlöser. Daher stört er sich an zu hochgegriffenen Versprechungen, die deren Leistungsfähigkeit in Verruf bringen. Der Liqui-Moly-Experte erläutert, warum und wozu es Additive braucht und wie Garagen davon profitieren. Jürg A. Stettler


Bei einem der neusten Additive von Liqui Moly handelt es sich um ein aschefreies Spritadditiv zur Verbesserung der Verbrennung und schnelleren Beschleunigung im Teillastbereich. Es wurde speziell entwickelt, um Leistungsverlust durch E10-Sprit auszugleichen. Fotos: Liqui Moly

Auch wir können nicht zaubern», gesteht David Kaiser, Leiter Forschung und Entwicklung bei Liqui Moly. Dennoch entwickeln der gelernte Chemiker und sein Team immer wieder neue Betriebsmittel und Additive, die Endkunden und Garagen bei Problemen und vor allem der Problemvermeidung helfen. Neustes Beispiel ist das ebenfalls mit dem bekannten rot-blauen Schriftzug versehene E 10 Additiv. «Biosprit hat als E 10 verglichen mit der E-5-Variante ein erhöhtes Korrosionspotenzial. Dies und ein anderes mit Super E 10 verbundenes Problem gleicht unser Additiv aus», erläutert Kaiser. «Zudem kann sich bei häufigen Kurzstreckenfahrten oder verschmutzten Injektoren Ethanol stärker als bei konventionellem Sprit im Motorenöl anreichern. Das führt zu mangelnder Schmierfähigkeit, was den Motor schädigen kann.» Das E 10 Additiv trägt die Ablagerungen ab und verhindert, dass sich neue ansammeln, und hochwirksamer Korrosionsschutz schützt Bauteile aus Stahl langfristig.

Schlicht clevere Hilfs- oder Zusatzstoffe
Mit rund 4000 Artikeln bieten die Spezialisten von Liqui Moly aus Ulm (D), deren Produkte in der Schweiz durch LKQ Rhiag vertreten und vertrieben werden, ein sehr breites Sortiment. Es reicht von Fetten, Pasten und Pflegeprodukten über Klebe- und Dichtstoffe bis zu Motorenölen und Additiven. Liqui Moly verkauft in rund 150 Ländern und erwirtschaftete 2023 einen Umsatz von 917 Millionen Euro. Additive und sogenannte Viskositätsverbesserer machen heute bei Motorenölen bereits etwa ein Drittel aus, der Rest sind bei Liqui Moly drei verschiedene Grundöle. «Manche Anbieter bringen Additive mit überzogenen Versprechen leider allzu oft in Verruf», erklärt Kaiser mit sichtlichem Bedauern. Für den 43-Jährigen sind Additive keine Zaubermittel, sondern schlicht und einfach Chemie. Daher gibt es bei Liqui Moly auch keine überrissenen Verbrauchseinsparungs-Versprechen. «Unsere Additive verhindern schlicht, dass der Motor durch eine Verschmutzung mit der Zeit einen Mehrverbrauch entwickelt, was im Normalfall zwischen drei und sechs Prozent ausmachen kann.»

Mit einem Kaffee vergleichbar
Additive sind für den Liqui-Moly-Chemiker Hilfs- oder Zusatzstoffe, die in geringen Mengen zugefügt werden. So können bestimmte Eigenschaften in Ölen und Schmierstoffen angepasst oder optimiert werden. «Denken Sie an Ihren Kaffee, der kann dank Additiven ganz anders schmecken – ob Rahm oder Zucker», erläutert Kaiser. «Das ist bei Benzin, Diesel und Öl sowie Kühlwasser nicht anders. Da schneidern Additive das gute Ausgangsprodukt genau nach dem Gusto des Motors oder Getriebes zu.» Liqui Moly habe bei seinen Additiven extra eine Endverbraucher- und Profi-Linie. «Bei der Endverbraucher-Version kann man nicht viel kaputt machen; das ist eher Unterhalt und gegen Verschmutzung.» So könne man mit kleinem Geld etwa eine Injektorreinigung vornehmen, so den ungleich teureren Injektorenersatz vermeiden und Kunden zu einem vernünftigen Preis helfen.

Für Kaiser ist Additiv nicht gleich Additiv. «Es gibt solche, welche die Trägerflüssigkeit beeinflussen, etwa Anti-Schaum-Additive: Wenn sich im Öl Schaum bildet, fällt der Öldruck, was rasch zu einem Schaden führen kann. Auch im Diesel sind Anti-Schaum-Additive, weil er sonst stark schäumt und der 50-Liter-Tank schon nach 45 Litern voll ist, weil sich fünf Liter Schaum bildete.» Wichtig seien auch sogenannte Pourpoint-Verbesserer, die das Verklumpen von Paraffinkristallen verhindern und so den Gefrierpunkt eines Grundöls nach unten senken, oder auch Fliessverbesserer und Antioxidantien.

Was bringen grenzflächenaktive Additive?
«Eine zweite spannende Gruppe der Additive sind die grenzflächenaktiven Additive», ergänzt der Leiter Forschung und Entwicklung und zählt dann auf: «Festschmierstoffe, Reibungsverminderer, Korrosions- sowie Verschleissschutzadditive, Metalldesaktivatoren, Detergentien, Dispergiermittel und Emulgatoren. » Aha. Weil wir ihn jetzt verständnislos anschauen, erläutert er uns: «Emulgatoren verhindern die Grenzflächenbildung von wässrigen und öligen Medien. Durch Emulgatoren können in Öl oder Sprit kleine Mengen Wasser – das ja keine Schmiereigenschaften hat – gebunden werden.» Denn 200 bis 300 Milliliter Wasser (was 300 Litern Dampf entspricht) könne ein Motor problemlos wieder ausarbeiten. «Und Detergentien baggern sozusagen Verschmutzungen und Ablagerungen weg, die dann durch Dispergiermittel in der Schwebe gehalten werden. So können sie zum Ölfilter oder über den Sprit in den Brennraum transportiert werden. Wird die Bildung von Agglomeraten verhindert, kann sich jedoch kein Ölschlamm bilden. Hier ist daher vor allem die Balance wichtig.»


Im Entwicklungslabor von David Kaiser, Leiter Forschung und Entwicklung bei Liqui Moly, wird die Wirkung der einzelnen Additive ganz genau überprüft.

Problemlöser für viele Herausforderungen
Additive sind für David Kaiser letztlich Problemlöser, mit denen eine bessere Schmutzlösung, Durchmischung, Hochdruck- und Schmiereigenschaften sowie anderes Schaumverhalten erzielt werden. «Nicht durch Additive beinflussbar sind das Luftabgabe-und Wasserabscheidevermögen», erläutert er. «Praktisch alle unsere Produkte und Formeln sind das Ergebnis von mehreren Additiven. Und leider gibt es wie bei Medikamenten auch Wechselwirkungen und synergistische Effekte, die man im Auge behalten muss.» Das mache seinen Job so spannend. «Zudem ist es sehr kostspielig, auf einem Motorenprüfstand einen Test zu fahren und festzustellen, ob ein Additiv die gewünschte Wirkung bringt – das kostetet mindestens 50’000 Euro.» Das kläre man daher lieber preiswerter.

Ein gutes Stichwort, denn im sogenannten Car Performance Plan haben die Ulmer 14 vordefinierte Service-Varianten zusammengestellt, die sich kombinieren lassen und mit denen Garagisten bei ihren Kundinnen und Kunden punkten können. «Mit kleinem Geld und vorbeugender Wartung sorgt man dafür, das keine teuren Reparaturen anfallen. Das schätzen Kunden», gibt er uns zu bedenken. 
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