Batteriereparatur bei Elektroautos
Ein Zukunftsthema voller Spannung
3. Februar 2025 agvs-upsa.ch – Langsam kommt ein neues Business rund um Elektroautos in Gang: Batteriereparaturen. Noch ist dies vor allem ein Thema für Markenvertretungen, doch bald dürfte der Aftermarket nachziehen. Wir beleuchten die Herstellerstrategien und den aktuellen Stand. Timothy Pfannkuchen
Batteriereparatur: Noch ist dies vor allem ein Thema für Markenvertretungen. In absehbarer Zeit werden auch freie Garagen vor der Frage stehen: Repariere ich Batterien oder nicht? Foto: MAN
An Vorurteilen gegenüber Elektroautos fehlt es dem Volksmund nicht. Eines lautet: Defekt der Antriebsbatterie nach Garantieablauf gleich Totalschaden. Richtig ist: Eine komplette Lithium-Ionen-Batterie liegt schnell im fünfstelligen Bereich. Richtig ist aber vor allem auch: Batterien lassen sich auch weitaus günstiger reparieren. Oft geht es nur um Elektronik. Oder eine einzelne Batteriezelle, weil jene die Leistungsfähigkeit der gesamten Batterie stark beeinträchtigen kann. Ist eine einzelne Batteriezelle defekt, kann sie – meist als Modul mit mehreren Zellen – in der Regel ersetzt werden.
«Der Trend geht weg vom Komplettersatz», weiss Markus Peter, Leiter Technik & Umwelt beim AGVS. «Derzeit ist Batteriereparatur vor allem für Markengaragen ein Thema. Schliesslich ist das Gros der EVs noch in der Garantie.» Jene erstreckt sich für Batterien meist auf 160 000 Kilometer oder acht Jahre, teils bereits auf 250 000 Kilometer oder zehn Jahre.
Ausschlaggebend für die Markengarage ist die Strategie des Herstellers. Manche setzen zum Beispiel weiterhin ausschliesslich auf Komplettersatz: Bei Defekt wird die Batterie ins Werk geschickt und eine neue oder instand gestellte an die Garage.
Renault setzt ganz auf Galliker
Eine weitere Lösung ist jene, die Renault in der Schweiz praktiziert – und die lange Transportwege vermeidet und die Wertschöpfung der Reparaturen im Land belässt: Für Renault fungiert der Aufbereitungs- und Transportpartner Galliker Transport AG als Batteriereparaturzentrum für die gesamte Schweiz. Diagnostiziert der Renault-Partner einen Batteriedefekt, transportiert Galliker das Fahrzeug ins Renault-Batteriereparaturzentrum nach Altishofen LU. «Die Zusammenarbeit mit Renault läuft seit 2019», erläutert Corinne Galliker, Leiterin Verkauf und Marketing sowie Mitglied der Geschäftsleitung des Familienunternehmens in der vierten Generation. «Wir tauschen zum Beispiel defekte Batteriemodule oder Sicherungen vor Ort aus.» Lohnt sich das Business bereits? «Noch sind die Volumen überschaubar, die Antriebsbatterien sehr langlebig und wenig anfällig für Reparaturen. Aber wir bauen unser Knowhow als Kompetenzzentrum auf und sind natürlich auch mit anderen möglichen Kundinnen und Kunden im Gespräch.» Corinne Galliker ist überzeugt: «Das Thema lokale Batteriereparatur und -recycling wird in den nächsten Jahren – aufgrund der gestiegenen Neuzulassungen von Elektroautos in der Schweiz – automatisch an Bedeutung gewinnen.»
Undramatisch: Häufig ist keine Batteriezelle, sondern Elektronik defekt. Foto: Mercedes-Benz
Bei Hyundai reparieren Garagen
Der dritte Weg: Bei Hyundai zum Beispiel können Markenbetriebe, wenn sie wollen, selbst reparieren. Eine solche Garage ist etwa der AGVS-Mitgliedsbetrieb Garage Ruf AG aus Therwil BL. «Wir diagnostizieren, zerlegen, reparieren und prüfen Hyundai-EV-Batterien», erläutert Martin Ruf, Geschäftsführer der Hyundai- und Suzuki-Markenvertretung mit 13 Mitarbeitenden. Gibt es viele Reparaturen? «Nein, in den letzten drei Jahren eine Handvoll. Wir sind einerseits froh, dass es nicht mehr sind – denn das beweist, dass die Technik funktioniert. Andererseits sind wir froh, für die Zukunft gerüstet zu sein. Unser Batterielift zum Beispiel ist ja nicht markengebunden.» Investiert hat Ruf ausser in Werkstattausrüstung in zertifizierte, Hyundai-spezifische Kurse der Mitarbeitenden, basierend auf Hochvolt-Kursen. «Man muss sich dafür interessieren, sonst macht es keinen Sinn», sagt Ruf. Vorteil: «Diese Kompetenz nimmt Kundinnen und Kunden die Angst. Viele glauben, dass eine defekte Batterie nach Ablauf der acht Jahre Garantie wirtschaftlicher Totalschaden heisst. Aber häufig ist nur ein Controller defekt oder eine Zelle, das kostet dann vielleicht ein paar hundert Franken an Material.» Wieso nennt Ruf den Aspekt Batteriereparatur auf seiner Homepage? «Auf Anregung eines Kunden, der meinte, das zu wissen sei wichtig. Übrigens: Es gibt Grenzen der Reparatur. Ist die Batterie durch mechanische Verformung, also Unfall, beschädigt, darf sie nicht repariert werden. Jedoch hatten wir das trotz diverser Unfallschäden nie: Die Batterie ist so geschützt, dass das Fahrzeug dann ohnehin ein Totalschaden wäre.»
Ein Beispiel für Strategien der Hersteller: Renault arbeitet mit der Galliker Transport AG zusammen. In Altishofen LU werden Batterien von Schweizer Elektro-Renaults repariert. Foto: Renault
Aftermarket ist dicht am Thema
Je nach Marke bilden Hersteller mal sehr, mal weniger markenspezifisch aus. Markus Peter vom AGVS führt als positives Beispiel BMW an: «Die modulartigen HV3-Expertenkurse sind dort so, dass ein Grossteil der Inhalte auch auf andere Marken anwendbar ist, wodurch der Aufwand für weitere markenspezifische Kurse geringer ausfallen kann.» Doch wie steht es um nicht markengebundene Garagen? Sollten sich freie Betriebe bereits Gedanken ums Thema machen? «Gedanken ja», sagt Markus Peter, «um auf dem Laufenden zu sein. Auch wenn das Thema komplex ist, so kommen Elektroautos früher oder später auch auf den freien Markt. Da muss jeder Betrieb für sich entscheiden: Lohnt sich das für mich?» Die Aftermarket-Anbieter sind am Thema dran, doch noch sind Reparatursätze für Lithium-Ionen-Traktionsbatterien hierzulande kein konkretes Thema. «Ein Grund dürfte sein, dass die Fahrzeughersteller ganz unterschiedliche Batteriemodule einsetzen», so Peter. «In einigen Jahren könnte es zum täglichen Werkstattgeschäft zählen. Ich rechne auf europäischer Ebene mit einer gewissen Standardisierung der Reparaturfreundlichkeit – denn sind die Zellmodule zum Beispiel verklebt statt nur verschraubt, ist das bereits viel anspruchsvoller. So etwas würde andere Voraussetzungen schaffen. Wir als Verband begleiten die Entwicklung im Reparatursektor und setzen uns für günstige Rahmenbedingungen ein.»
Batteriereparatur: Noch ist dies vor allem ein Thema für Markenvertretungen. In absehbarer Zeit werden auch freie Garagen vor der Frage stehen: Repariere ich Batterien oder nicht? Foto: MAN
An Vorurteilen gegenüber Elektroautos fehlt es dem Volksmund nicht. Eines lautet: Defekt der Antriebsbatterie nach Garantieablauf gleich Totalschaden. Richtig ist: Eine komplette Lithium-Ionen-Batterie liegt schnell im fünfstelligen Bereich. Richtig ist aber vor allem auch: Batterien lassen sich auch weitaus günstiger reparieren. Oft geht es nur um Elektronik. Oder eine einzelne Batteriezelle, weil jene die Leistungsfähigkeit der gesamten Batterie stark beeinträchtigen kann. Ist eine einzelne Batteriezelle defekt, kann sie – meist als Modul mit mehreren Zellen – in der Regel ersetzt werden.
Markus Peter
Leiter Technik & Umwelt beim AGVS
«Der Trend geht weg vom Komplettersatz», weiss Markus Peter, Leiter Technik & Umwelt beim AGVS. «Derzeit ist Batteriereparatur vor allem für Markengaragen ein Thema. Schliesslich ist das Gros der EVs noch in der Garantie.» Jene erstreckt sich für Batterien meist auf 160 000 Kilometer oder acht Jahre, teils bereits auf 250 000 Kilometer oder zehn Jahre.
Ausschlaggebend für die Markengarage ist die Strategie des Herstellers. Manche setzen zum Beispiel weiterhin ausschliesslich auf Komplettersatz: Bei Defekt wird die Batterie ins Werk geschickt und eine neue oder instand gestellte an die Garage.
Renault setzt ganz auf Galliker
Eine weitere Lösung ist jene, die Renault in der Schweiz praktiziert – und die lange Transportwege vermeidet und die Wertschöpfung der Reparaturen im Land belässt: Für Renault fungiert der Aufbereitungs- und Transportpartner Galliker Transport AG als Batteriereparaturzentrum für die gesamte Schweiz. Diagnostiziert der Renault-Partner einen Batteriedefekt, transportiert Galliker das Fahrzeug ins Renault-Batteriereparaturzentrum nach Altishofen LU. «Die Zusammenarbeit mit Renault läuft seit 2019», erläutert Corinne Galliker, Leiterin Verkauf und Marketing sowie Mitglied der Geschäftsleitung des Familienunternehmens in der vierten Generation. «Wir tauschen zum Beispiel defekte Batteriemodule oder Sicherungen vor Ort aus.» Lohnt sich das Business bereits? «Noch sind die Volumen überschaubar, die Antriebsbatterien sehr langlebig und wenig anfällig für Reparaturen. Aber wir bauen unser Knowhow als Kompetenzzentrum auf und sind natürlich auch mit anderen möglichen Kundinnen und Kunden im Gespräch.» Corinne Galliker ist überzeugt: «Das Thema lokale Batteriereparatur und -recycling wird in den nächsten Jahren – aufgrund der gestiegenen Neuzulassungen von Elektroautos in der Schweiz – automatisch an Bedeutung gewinnen.»
Undramatisch: Häufig ist keine Batteriezelle, sondern Elektronik defekt. Foto: Mercedes-Benz
Bei Hyundai reparieren Garagen
Der dritte Weg: Bei Hyundai zum Beispiel können Markenbetriebe, wenn sie wollen, selbst reparieren. Eine solche Garage ist etwa der AGVS-Mitgliedsbetrieb Garage Ruf AG aus Therwil BL. «Wir diagnostizieren, zerlegen, reparieren und prüfen Hyundai-EV-Batterien», erläutert Martin Ruf, Geschäftsführer der Hyundai- und Suzuki-Markenvertretung mit 13 Mitarbeitenden. Gibt es viele Reparaturen? «Nein, in den letzten drei Jahren eine Handvoll. Wir sind einerseits froh, dass es nicht mehr sind – denn das beweist, dass die Technik funktioniert. Andererseits sind wir froh, für die Zukunft gerüstet zu sein. Unser Batterielift zum Beispiel ist ja nicht markengebunden.» Investiert hat Ruf ausser in Werkstattausrüstung in zertifizierte, Hyundai-spezifische Kurse der Mitarbeitenden, basierend auf Hochvolt-Kursen. «Man muss sich dafür interessieren, sonst macht es keinen Sinn», sagt Ruf. Vorteil: «Diese Kompetenz nimmt Kundinnen und Kunden die Angst. Viele glauben, dass eine defekte Batterie nach Ablauf der acht Jahre Garantie wirtschaftlicher Totalschaden heisst. Aber häufig ist nur ein Controller defekt oder eine Zelle, das kostet dann vielleicht ein paar hundert Franken an Material.» Wieso nennt Ruf den Aspekt Batteriereparatur auf seiner Homepage? «Auf Anregung eines Kunden, der meinte, das zu wissen sei wichtig. Übrigens: Es gibt Grenzen der Reparatur. Ist die Batterie durch mechanische Verformung, also Unfall, beschädigt, darf sie nicht repariert werden. Jedoch hatten wir das trotz diverser Unfallschäden nie: Die Batterie ist so geschützt, dass das Fahrzeug dann ohnehin ein Totalschaden wäre.»
Ein Beispiel für Strategien der Hersteller: Renault arbeitet mit der Galliker Transport AG zusammen. In Altishofen LU werden Batterien von Schweizer Elektro-Renaults repariert. Foto: Renault
Aftermarket ist dicht am Thema
Je nach Marke bilden Hersteller mal sehr, mal weniger markenspezifisch aus. Markus Peter vom AGVS führt als positives Beispiel BMW an: «Die modulartigen HV3-Expertenkurse sind dort so, dass ein Grossteil der Inhalte auch auf andere Marken anwendbar ist, wodurch der Aufwand für weitere markenspezifische Kurse geringer ausfallen kann.» Doch wie steht es um nicht markengebundene Garagen? Sollten sich freie Betriebe bereits Gedanken ums Thema machen? «Gedanken ja», sagt Markus Peter, «um auf dem Laufenden zu sein. Auch wenn das Thema komplex ist, so kommen Elektroautos früher oder später auch auf den freien Markt. Da muss jeder Betrieb für sich entscheiden: Lohnt sich das für mich?» Die Aftermarket-Anbieter sind am Thema dran, doch noch sind Reparatursätze für Lithium-Ionen-Traktionsbatterien hierzulande kein konkretes Thema. «Ein Grund dürfte sein, dass die Fahrzeughersteller ganz unterschiedliche Batteriemodule einsetzen», so Peter. «In einigen Jahren könnte es zum täglichen Werkstattgeschäft zählen. Ich rechne auf europäischer Ebene mit einer gewissen Standardisierung der Reparaturfreundlichkeit – denn sind die Zellmodule zum Beispiel verklebt statt nur verschraubt, ist das bereits viel anspruchsvoller. So etwas würde andere Voraussetzungen schaffen. Wir als Verband begleiten die Entwicklung im Reparatursektor und setzen uns für günstige Rahmenbedingungen ein.»
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