Expertentipps zur Kundenpflege
«Je mehr ich über den Kunden weiss, desto mehr kann ich ihm verkaufen»
Kunden, deren Beschwerden sehr gut bearbeitet wurden, sind viel loyaler zu einer Marke, als wenn sie keinen Grund zu einer Beschwerde gehabt hätten. Foto: Istock
kro. Herr Hafner, für viele ist Customer Relationship Management ein Buch mit sieben Siegeln. Warum reicht es nicht aus, einfach freundlich zu seinen Kunden zu sein?
Nils Hafner: Machen wir uns nichts vor: Es geht hier um das Business. Je mehr ich über den Kunden weiss, umso mehr kann ich dem Kunden verkaufen. Und es geht darum, eine Beziehung zum Kunden aufzubauen. Schliesslich möchte ich ihm in vier Jahren wieder ein gut ausgestattetes Auto verkaufen. Dafür muss ich sympathisch und kompetent sein. «Freundlich sein» macht sympathisch, aber noch nicht kompetent. Der Kunde kauft einmal, weil er mich mag. Wenn das Produkt aber nicht genau seine Bedürfnisse erfüllt, kauft er das nächste Mal woanders.
Welchen Beitrag kann die Professionalisierung des Kundenmanagements zugunsten einer höheren Profitabilität beitragen?
Einerseits geht es hier um Umsatzausbau. Ich weiss, was der Kunde kaufen will, und biete ihm genau das an. Andererseits geht es auch um zielgenaues Marketing. Wenn ich weiss, was der Kunde will, weiss ich auch, was der Kunde nicht will, und muss ihn dann zu Weltpremieren von Autos, die er ohnehin nie kaufen würde, auch nicht einladen. Das wäre auch viel zu teuer. Passt ein neues Modell gut zu den Vorlieben eben dieses Menschen, ist es wichtig, dass er davon erfährt, dass er das Auto genau bei mir kaufen kann.
In Ihrem neuesten Buch «Die Kunst der Kundenbeziehung» weisen Sie darauf hin, dass Empfehlungen das Mass der Dinge werden. Ein Thema, das bis heute unterschätzt wird?
Komplett. Bei 1200 Werbebotschaften pro Kunde und pro Tag in einer Stadt wie Zürich fällt es extrem schwer aufzufallen. Ausserdem leben wir in einem gesättigten Markt. Quasi jeder Kunde, der ein Auto haben möchte, hat sich eines gekauft. Die meisten Menschen sind auch sehr markentreu, allein schon, um sich nicht umgewöhnen zu müssen. Gleichzeitig sind wir Menschen auch soziale Tiere. Wir tauschen uns gern mit anderen Menschen aus. Und dabei wählen wir eher Menschen, die uns gleichen. Gleich und gleich gesellt sich eben doch gern. Und hier kommt die Power des Empfehlungsmarketings ins Spiel. Ein Auto, das für meinen Freund gut passt und mir schon mal optisch gefällt, könnte ja auch etwas für mich sein. Gerade, wenn sich meine finanziellen Verhältnisse vielleicht verändert haben. Menschen vergleichen sich gern, ziehen daraus ihre Rückschlüsse und entwickeln Begehrlichkeiten.
Sie sagen, Beschwerden seien immer auch eine Chance. Wie ist das zu verstehen? Studien haben gezeigt, dass Kunden, deren Beschweren sehr gut bearbeitet wurden, viel loyaler zu einer Marke sind, als wenn sie keinen Grund zu einer Beschwerde gehabt hätten.
Eine Ihrer Thesen lautet, dass künstliche Intelligenz die Servicewelt verändern wird. Wie genau?
Es ist enorm, wie sich gerade Chat- und Voicebots in den letzten 18 Monaten entwickelt haben. Wenn man heute den eigenen Service mit Chatbots beispielsweise zur Terminvereinbarung im Autoservice nutzen würde, könnte man in einer durchschnittlichen Schweizer Garage sicher eine halbe Stelle einsparen. Händler mit einer angeschlossenen Werkstatt können sich hier sicher besser aufstellen. Im Durchschnitt brauche ich drei Anläufe, um einen Termin zur Inspektion mit meiner Garage zu vereinbaren.
Die Kernfrage lautet: Wo nerve ich meinen Kunden? So etwas hat man in der Regel mit ein paar Kundengesprächen schnell herausgefunden. Und dann geht es darum, kreative und bezahlbare Lösungen zu finden. Grundlage ist eine gut gepflegte Kundendatenbank. Leider arbeiten im Automobilbereich Marken, Importeure, Garagen und Verkäufer häufig gegeneinander und so kommt es zu schlechten Kundenwahrnehmungen. Das nervt. Dann ist wichtig zu verstehen, was Kunden interessiert. Häufig verstehen Garagisten nicht, dass bestimmte Kunden nur an bestimmten Marken oder Modellen interessiert sind. Und vor allem geht es um die reibungslosen Abwicklungen von Servicefällen.
Wo liegen von Ihnen aus gesehen die grössten Stolperfallen im Bereich Kundenmanagement?
Es beginnt damit, dass man sich bewusst wird, dass eine Überflutung mit nicht relevanter Werbung per Post in zwei bis dreifacher Ausfertigung die Kunden nervt. Und dass es die Kunden Zeit kostet, sich an Ineffizienzen im telefonischen Kontakt anzupassen. Und auch, dass kein Kunde Lust hat, bei jedem Werkstattbesuch darauf hinzuweisen, dass er es schätzen würde, wenn ihm der Wagen nach Hause zurückgebracht wird. Dann sehen sich Kunden nämlich nach anderen Marken um. Kurzum geht es darum, ein Partner zu sein, der den Kunden dabei unterstützt, möglichst reibungslos und aufwandfrei mit der Garage zusammenzuarbeiten. In einem nächsten Schritt geht es um den Aufbau und die Pflege einer gut gepflegten Datenbank. Dabei ist besonders wichtig zu verstehen, in welchen Abständen Kunden neue Autos kaufen, zu analysieren, welche Modelle für sie tatsächlich infrage kommen und den Kunden zu genau jenen Anlässen einzuladen, an denen für sie relevante neue Modelle präsentiert werden. Es bringt nichts, jeden Kunden zu jedem Anlass einzuladen. Kritische Ereignisse im Automobilverkauf sind vor allem Leasingrücknahmen. Kunden haben in der Regel wenig Verständnis dafür, wenn ein Automobilunternehmen alle angefallenen Probleme mit einem Fahrzeug auf dem Rücken der Kundschaft sanieren wollen. Hier entscheidet sich oft, ob es zu einem Wiederkauf kommt oder nicht.
Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Beziehung mit den Kunden spielen die Mitarbeitenden. Wie sensibilisiert man am besten?
Es hilft bereits, wenn sich Mitarbeitende als Mitunternehmer verstehen, und Ihnen klar ist, dass sie dafür da sind, Kundenproblem zu lösen. Und zwar so, dass für den zahlenden Kunden ein positives Erlebnis dabei entsteht. Mitarbeitende müssen sympathisch und kompetent sein. Dafür ist es aber wichtig, auch das Erlebnis des Kunden zu messen. Machen Sie Ihre eigenen Umfragen und erkundigen Sie sich bei Ihren Kunden, was diese stört oder was sie aus Kundensicht besser machen würden.
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