Rechtsratgeber
Wann wird Rechtsvorbeifahren zum Rechtsüberholen?
24. Juni 2024 agvs-upsa.ch – Die Thematik beschäftigt einen Grossteil der Autofahrerinnen und Autofahrer schon seit längerer Zeit. In der Schweiz gilt grundsätzlich ein Rechtsfahrgebot und ein Verbot fürs Rechtsüberholen. Seit 2021 ist nun aber das Rechtsvorbeifahren erlaubt. Verständlicherweise wirft dies viele Fragen auf, denn was ist nun tatsächlich gestattet und was nicht? Jannis Föry und Tahir Pardhan
Das Prinzip des Rechtsfahrgebots ist in Art. 34 Abs. 1 des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) verankert und soll unter anderem verhindern, dass die linke Spur permanent blockiert ist und entsprechende Überholmanöver verunmöglicht werden. Die linke Spur dient nämlich zum Überholen – deshalb wird sie auch Überholspur genannt. In bestimmten Verkehrssituationen kommt es jedoch vor, dass die Überholspur zur überholten Spur wird, in dem man rechts vorbeifährt. Fraglich ist jedoch hierbei, wie dieses Verhalten mit dem Gesetz in Einklang steht und wann die Fahrt auf die linke Überholspur wieder möglich wird, ohne dass dabei das Manöver als «Rechtsüberholen» zu werten ist.
Das Rechtsüberholen wird durch das «Rechtsvorbeifahren» und unmittelbar danach wieder nach links in die Überholspur einzuspuren definiert. Nach Artikel 36 Absatz 5 der Verkehrsregelverordnung (VRV) ist das Rechtsüberholen strikt untersagt. Die Ziffern 1-4 des genannten Artikels regeln jedoch Fälle, in welchen mit «der gebotenen Vorsicht» rechts vorbeigefahren werden darf. Demnach dürfen seit der Einführung dieser relativ neuen Norm im Jahr 2021 Teilnehmende im Strassenverkehr nun rechts vorbeifahren – in keinem Fall jedoch rechtsüberholen, also direkt nach dem Passieren auf der Überholspur einordnen.
Die Ausnahmen beziehen sich auf (1.) den Kolonnenverkehr, falls dieser auf dem linken oder mittleren Fahrstreifen vorliegt. Weiter (2.) auf Einspurstrecken, sofern für die jeweiligen Fahrstreifen unterschiedliche Fahrziele signalisiert sind. Zudem (3.), wenn die linksliegende Fahrspur durch eine einfache oder doppelte Sicherheitslinie abgegrenzt ist, und zuletzt (4.) auf dem Verzögerungsstreifen von Ausfahrten.
Wann genau nach einem Rechtsvorbeiziehen wieder auf die linke Spur gewechselt werden darf, kann im Umkehrschluss der Definition des Bundesgerichtes in Bezug auf Rechtsüberholen entnommen werden. Demnach liegt ein Rechtsüberholen «jedenfalls dann vor, wenn das Ausschwenken, das Vorbeifahren an einem oder bloss wenigen Fahrzeugen und das anschliessende Wiedereinbiegen in einem Zuge erfolgten». Somit kann nach dem Ausschwenken auf die rechte Fahrspur und dem Vorbeiziehen auch links wieder eingespurt werden, wenn dies nicht in einem einheitlichen Handlungsablauf erfolgt, sondern es für sich einzelne Vorgänge sind und das gesamte Manöver nicht in erster Hinsicht dazu dient, die Kolonne auf dem mittleren oder linken Fahrstreifen zu passieren. Ein eigentliches Rechtsüberholen im Deckmantel eines Rechtsvorbeifahrens zu tarnen ist aber auch bei notorischen Linksfahrerkolonnen zu unterlassen, denn das Rechtsvorbeifahren soll in erster Linie dazu dienen, den Verkehrsfluss bei dichtem Verkehr zu fördern und nicht dazu, dass man schneller durch den Verkehr kommt und Kolonnen passieren kann.
Weil das Gesetz und die Rechtsprechung die Fälle des erlaubten Rechtsvorbeifahrens sowie des anschliessenden Wiedereinbiegens nicht abschliessend regeln und grossen Interpretationsspielraum zulassen, ist unbedingt Vorsicht walten zu lassen, wenn man nach dem Rechtsvorbeifahren beabsichtigt, zügig wieder auf die linke Fahrspur zurückzuwechseln. Generell ist dabei immer auch die allgemein gebotene Vorsicht beim Wechsel der Fahrspur zu respektieren – und der Verkehr auf der anderen Spur darf durch den Wechsel nicht beeinträchtigt werden.
Unabhängig vom Rechtsvorbeifahren hat das Bundesgericht in seiner jüngsten Rechtsprechung (1C_626/2021) bezüglich generellem Rechtsüberholen eine eher zurückhaltende Meinung. Für die Beurteilung, ob ein Regelverstoss vorliegt, stützt sich die Justiz auf Gesichtspunkte wie erschwerte Umstände im Sinne von schlechten Witterungsbedingungen oder hohen Verkehrsvorkommnissen. Die Tendenz, dass jedes Rechtsüberholen einen Führerausweisentzug zur Folge hat, ist jedoch seit neuerer Rechtsprechung nicht mehr als gegeben zu betrachten. Selbst wenn nicht in jedem Fall ein Führerausweisentzug folgt, ist zumindest mit einer Ordnungsbusse zu rechnen. Letztlich werden künftig vermutlich mehr die Gesamtumstände im Einzelfall berücksichtigt als der reine Fakt, dass ein Rechtsüberholmanöver vorgenommen wurde.
Unsere Empfehlung: Rechtsfahrgebot einhalten und bei Kolonnen auf der mittleren oder linken Spur mit der gebotenen Vorsicht rechtsvorbeifahren und nur zurückhaltend die rechte Spur wieder verlassen.
Das Prinzip des Rechtsfahrgebots ist in Art. 34 Abs. 1 des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) verankert und soll unter anderem verhindern, dass die linke Spur permanent blockiert ist und entsprechende Überholmanöver verunmöglicht werden. Die linke Spur dient nämlich zum Überholen – deshalb wird sie auch Überholspur genannt. In bestimmten Verkehrssituationen kommt es jedoch vor, dass die Überholspur zur überholten Spur wird, in dem man rechts vorbeifährt. Fraglich ist jedoch hierbei, wie dieses Verhalten mit dem Gesetz in Einklang steht und wann die Fahrt auf die linke Überholspur wieder möglich wird, ohne dass dabei das Manöver als «Rechtsüberholen» zu werten ist.
Das Rechtsüberholen wird durch das «Rechtsvorbeifahren» und unmittelbar danach wieder nach links in die Überholspur einzuspuren definiert. Nach Artikel 36 Absatz 5 der Verkehrsregelverordnung (VRV) ist das Rechtsüberholen strikt untersagt. Die Ziffern 1-4 des genannten Artikels regeln jedoch Fälle, in welchen mit «der gebotenen Vorsicht» rechts vorbeigefahren werden darf. Demnach dürfen seit der Einführung dieser relativ neuen Norm im Jahr 2021 Teilnehmende im Strassenverkehr nun rechts vorbeifahren – in keinem Fall jedoch rechtsüberholen, also direkt nach dem Passieren auf der Überholspur einordnen.
Die Ausnahmen beziehen sich auf (1.) den Kolonnenverkehr, falls dieser auf dem linken oder mittleren Fahrstreifen vorliegt. Weiter (2.) auf Einspurstrecken, sofern für die jeweiligen Fahrstreifen unterschiedliche Fahrziele signalisiert sind. Zudem (3.), wenn die linksliegende Fahrspur durch eine einfache oder doppelte Sicherheitslinie abgegrenzt ist, und zuletzt (4.) auf dem Verzögerungsstreifen von Ausfahrten.
Wann genau nach einem Rechtsvorbeiziehen wieder auf die linke Spur gewechselt werden darf, kann im Umkehrschluss der Definition des Bundesgerichtes in Bezug auf Rechtsüberholen entnommen werden. Demnach liegt ein Rechtsüberholen «jedenfalls dann vor, wenn das Ausschwenken, das Vorbeifahren an einem oder bloss wenigen Fahrzeugen und das anschliessende Wiedereinbiegen in einem Zuge erfolgten». Somit kann nach dem Ausschwenken auf die rechte Fahrspur und dem Vorbeiziehen auch links wieder eingespurt werden, wenn dies nicht in einem einheitlichen Handlungsablauf erfolgt, sondern es für sich einzelne Vorgänge sind und das gesamte Manöver nicht in erster Hinsicht dazu dient, die Kolonne auf dem mittleren oder linken Fahrstreifen zu passieren. Ein eigentliches Rechtsüberholen im Deckmantel eines Rechtsvorbeifahrens zu tarnen ist aber auch bei notorischen Linksfahrerkolonnen zu unterlassen, denn das Rechtsvorbeifahren soll in erster Linie dazu dienen, den Verkehrsfluss bei dichtem Verkehr zu fördern und nicht dazu, dass man schneller durch den Verkehr kommt und Kolonnen passieren kann.
Weil das Gesetz und die Rechtsprechung die Fälle des erlaubten Rechtsvorbeifahrens sowie des anschliessenden Wiedereinbiegens nicht abschliessend regeln und grossen Interpretationsspielraum zulassen, ist unbedingt Vorsicht walten zu lassen, wenn man nach dem Rechtsvorbeifahren beabsichtigt, zügig wieder auf die linke Fahrspur zurückzuwechseln. Generell ist dabei immer auch die allgemein gebotene Vorsicht beim Wechsel der Fahrspur zu respektieren – und der Verkehr auf der anderen Spur darf durch den Wechsel nicht beeinträchtigt werden.
Unabhängig vom Rechtsvorbeifahren hat das Bundesgericht in seiner jüngsten Rechtsprechung (1C_626/2021) bezüglich generellem Rechtsüberholen eine eher zurückhaltende Meinung. Für die Beurteilung, ob ein Regelverstoss vorliegt, stützt sich die Justiz auf Gesichtspunkte wie erschwerte Umstände im Sinne von schlechten Witterungsbedingungen oder hohen Verkehrsvorkommnissen. Die Tendenz, dass jedes Rechtsüberholen einen Führerausweisentzug zur Folge hat, ist jedoch seit neuerer Rechtsprechung nicht mehr als gegeben zu betrachten. Selbst wenn nicht in jedem Fall ein Führerausweisentzug folgt, ist zumindest mit einer Ordnungsbusse zu rechnen. Letztlich werden künftig vermutlich mehr die Gesamtumstände im Einzelfall berücksichtigt als der reine Fakt, dass ein Rechtsüberholmanöver vorgenommen wurde.
Unsere Empfehlung: Rechtsfahrgebot einhalten und bei Kolonnen auf der mittleren oder linken Spur mit der gebotenen Vorsicht rechtsvorbeifahren und nur zurückhaltend die rechte Spur wieder verlassen.
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